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Pfingst-Tradition in Herigsdorf Pfingst-Tradition in Herigsdorf: Wann wird man eigentlich ein "Dreckschwein"?

Von Anke Losack 20.05.2018, 06:00
Hergisdorfer Burschen präparieren die Kuhle, die mit Wasser gefüllt wird und in der „Dreckschweine“ Pfingstmontag ein Schlammbad nehmen.
Hergisdorfer Burschen präparieren die Kuhle, die mit Wasser gefüllt wird und in der „Dreckschweine“ Pfingstmontag ein Schlammbad nehmen. Maik Schumann

Hergisdorf - Wenn während des Pfingsttanzes in der Turnhalle in Hergisdorf gegen Mitternacht Peitschen laut knallen, dann beginnt für „Dreckschweine“ im Saal ein Spießrutenlauf. Sie verstecken sich hinter Gästen oder unter Tischen. Wohl wissend, dass die peitschenden „Läufer“ sie vertreiben wollen.

Hergisdorfer Pfingstgesellschaft vertreibt den Winter

Auf diese Weise wird bei der Hergisdorfer Pfingstgesellschaft im Mansfelder Grund in der Nacht von Sonntag zu Montag der Höhepunkt des Pfingstfestes eingeläutet: das Dreckschweinfest.

Feste zur Austreibung des Winters werden in Annarode  (Mansfeld), Blankenheim, Hergisdorf, Kreisfeld, Ahlsdorf und Ziegelrode begangen. Der „Pfingsttanz“ in Orten der Verbandsgemeinde Mansfelder Grund-Helbra wurde in diesem Jahr in das bundesweite Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes aufgenommen.

Hier wird gefeiert:
- Ahlsdorf:
circa 13 Uhr - Bad der Pfingsttänzer im Fischteich
- Blankenheim: 12.12 Uhr - Anbaden im Dorfteich
- Hergisdorf: ab 8 Uhr - Dreckschweinfest an der Wildbahn
- Kreisfeld: ab 8 Uhr - Waldpartie mit Dreckschweinfest
- Annarode: ab 9 Uhr- Waldpartie mit Dreckschweinfest (mz)

Die Vertreibung des Winters, der von den „Dreckschweinen“ verkörpert wird, durch den Sommer, der von in Weiß mit vielen bunten Accessoires gekleideten „Läufern“ dargestellt wird, steckt hinter dem Jahrhunderte alten Brauch.

Bei der Waldpartie am Montag wird dieser in einer Schweinerei zelebriert, bei der die „Dreckschweine“ in ein Schlammloch springen. Danach reinigen sie sich und ziehen strahlend weiße Kleidung an.

Pfingstburschen freuen sich auf Dreckschweinfest am Montag

„Ich freue mich auf den Montag“, sagt Pfingstbursche Jens Köstler (46), der seit 14 Jahren „Dreckschwein“ ist. Ursprünglich sei er aus Eisleben und der Liebe wegen in den Mansfelder Grund gezogen, wo er die uralte Sitte kennenlernte. „Mein Schwiegervater war auch ,Dreckschwein’“, erzählt er.

Doch wer entscheidet eigentlich, ob ein Pfingstbursche „Dreckschwein“ oder „Läufer“ wird? „Wenn man als Pfingstbursche anfängt, muss man mindestens 18 Jahre sein“, sagt Jürgen Colawo (57), Amtmann der Hergisdorfer Pfingstgesellschaft, „dann wird man erst einmal ,Dreckschwein’ und nicht gleich weißer ,Läufer’.“

Die „Dreckschweine“ dürfen sich im Schlamm suhlen

Das war auch so bei Köstler, der vorerst aber auch keine Ambitionen hat, „Läufer“ zu werden. „Dreckschwein“ zu sein, macht ihm Spaß, sagt er. Neben dem Suhlen im Schlamm bedeutet das nämlich auch, eine Pfingstnummer zu kreieren, wie die Verkleidungen der „Dreckschweine“ genannt werden. „Sie müssen einen hohen Erkennungswert haben, sollen was fürs Auge sein“, erklärt Colawo.

Ein Foto des im Schlamm suhlenden Animationshelden Shrek etwa sei sogar in einer brasilianischen Zeitung erschienen, erzählt Marcel Hildebrandt, 1. Vorstand der Pfingstgesellschaft, stolz. Die Kostümierungen, in denen diesmal in den Matsch gesprungen wird, werden nicht verraten. „Die sind immer eine Überraschung“, sagt Köstler.

Läufer des Dreckschweinfestes haben Peitschenknallen geübt

Auch die „Läufer“ waren in den vergangenen Wochen nicht untätig. Das Peitschenknallen wurde geübt. „Man wird nicht automatisch ,Läufer’“, sagt Colawo, „man muss es wollen und können.“ Eine Schar von 17 „Läufern“, davon zwölf Kinder, wird es diesmal geben. „Die kleinen Läufer sind noch keine aktiven Pfingstburschen“, erklärt der Amtmann, „aber sie gehören zum Verein.“

Man wolle Kinder so schon für den Brauch und das Pfingstburschen-Sein begeistern. Das ist auch das Ansinnen von Sven Rüdiger (34), der mit seinen Söhnen Oskar (2) und Leonard (4) als „Läufer“ Pfingsten durch Hergisdorf ziehen wird. Die beiden Jungs sind die jüngsten Teilnehmer.

Pfingstburschen haben Schlammloch vorbereitet

Die Frage, ob er aufgeregt ist, beantwortet Leonard mit einem Nicken. Da geht es dem Kleinen wie dem erfahrenen Amtmann Colawo. „Man fragt sich, ob alles läuft und gut organisiert ist“, meint Colawo, der mit den Pfingstburschen unter anderem die Turnhalle und den Festplatz für die Pfingst-Feierlichkeiten hergerichtet hat.

Und natürlich wurde auch das Schlammloch präpariert. Wie Vorstand Hildebrandt sagt, musste es frisch ausgebaggert und von Steinen befreit werden. „Am Montag wird es mit Wasser befüllt und kräftig umgerührt“, sagt er. (mz)

Schlamm ist Pfingstmontag das Lebenselixier für die Dreckschweine.
Schlamm ist Pfingstmontag das Lebenselixier für die Dreckschweine.
DPA