Novalis' Nachfahren erstmals in Oberwiederstedt vereint
OBERWIEDERSTEDT/MZ. - Dieser Familientag wird traditionell alle zwei bis drei Jahre dahin einberufen, wo ein Teil der Familie ansässig ist.
100 der etwa 190 Nachfahren der Familie, inzwischen in vielen Teilen Deutschlands ansässig und in den unterschiedlichsten Berufen tätig, betraten zum großen Teil erstmalig den Boden, den die Familie vom 17. Jahrhundert bis 1945 besessen hatte und wo einer ihrer berühmtesten Vorfahren, Georg Philipp Friedrich von Hardenberg, der Dichter Novalis, 1772 geboren wurde. Sie wurden begrüßt von der Direktorin der Forschungsstätte und Vorstandsmitglied der Internationalen Novalis-Gesellschaft, Gabriele Rommel, mit den mit Beifall bedachten Worten "Willkommen zu Hause".
Es wurde sehr still im Saal, als Gebhard Graf von Hardenberg einen Brief des letzten Besitzers von Schloss und Gut Oberwiederstedt, Hans-Christian von Hardenberg, verlas. Der damals 17-jährige Kriegsgefangene war von den Amerikanern nach Hause in seine Familie entlassen worden, die durch den Krieg Vater und Bruder verloren hatte. Seine Lehre als Landwirt auf dem Rödgen wurde jäh beendet, als im Rahmen der Bodenreform alle Gutsbesitzer enteignet wurden und ihre Heimat verlassen mussten.
Sein Brief war eine bittere Abrechnung mit den damaligen Verhältnissen, als man der noch im Schloss verstorbenen Großmutter ein ordentliches Begräbnis verweigerte und die Familie nur das Nötigste in eine unbekannte Zukunft mitnehmen ließ. Zugleich ist der Brief ein Zeitdokument für die jüngeren Familienmitglieder, für die die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg weit zurück liegt. Hans-Christian von Hardenberg war nach Kanada ausgewandert und verstarb bei einem Unfall, ohne noch einmal die Heimat wiedergesehen zu haben.
Über die Zeit "danach" bis zur Gegenwart berichtete heiter und kurzweilig, wenn auch zuweilen mit bitterem Unterton, Gerald Wahrlich, Initiator der Rettung des Schlosses, oft von spontanem Beifall unterbrochen. Ab 1987 dem Verfall preisgegeben, gelang es einer Gruppe Engagierter, dass Schloss zu retten. Im Rahmen des Kulturbundes wurde der "Literaturkreis Novalis" gegründet, und nach der Wende wurde aus dem Schloss der Sitz der internationalen Novalis-Gesellschaft.
Anschließend besichtigten die Mitglieder des Familienverbandes der Hardenbergs das Schloss, die Kirche und die wieder erstandene Lindenallee im Park, hatten viele Fragen an Gabriele Rommel und die Mitarbeiter. Die Kinder tummelten sich in dem weiträumigen Gelände und fühlten sich sichtlich "zu Hause", denn, so war von Joachim Graf von Hardenberg zu erfahren "In unserer Familie gibt es mehr Nachkommen als im deutschen Durchschnitt". Am Ende erklärte Bernd von Hardenberg als Ergebnis dieses ersten Treffens in Oberwiederstedt: "Mit Sicherheit kommen wir wieder".