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Musikprojekt in Stedten Musikprojekt in Stedten: Flüchtlingskinder lernen das Geigenspielen

Von Daniela Kainz 14.06.2016, 12:00
Regina Weihrauch unterrichtet die Kinder mit Hingabe.
Regina Weihrauch unterrichtet die Kinder mit Hingabe. Jürgen Lukaschek

Stedten/Dederstedt - Flink die Notenblätter mit Tesafilm an die Wand geklebt, das Keyboard auf den Ecktisch gestellt. Noch einen Stapel Ausmalbilder und Stifte auf den Fußboden gelegt und schon kommt die erste junge Geigerin schüchtern zur Tür herein.

Seitdem Musiklehrerin Regina Weihrauch Kinder im Stedtener Flüchtlingsheim unterrichtet, ist ihr Improvisationstalent gefragt. Bis zu 20 Mädchen und Jungen zwischen sieben und 15 Jahren stehen zu Spitzenzeiten in einem Raum, der nur halb so groß wie ein Klassenzimmer ist, und wollen mit Violine oder Percussion musizieren. „Das ist immer ein Gewusel.“

Konzentration auf ehrenamtliche Arbeit

Seit Dezember fährt die 66-Jährige zweimal in der Woche - mittwochs und samstags - von ihrem Heimatort Dederstedt in das etwa 16 Kilometer entfernte Dorf. Vor ihrer Pensionierung gab sie ihr musikalisches Können an die Schüler des Musikzweiges der Latina in Halle weiter. Nun konzentriert sie sich auf ihre ehrenamtliche Arbeit mit Mädchen und Jungen aus Afghanistan, dem Iran und Syrien. Aber sie gibt auch für deren Eltern und Verwandte Musikunterricht.

Vorbereitung auf gemeinsames Ziel

Mit den Kindern hat Weihrauch Großes vor. „Wir wollen am 2. Juli ein Konzert in der Kirche in Dederstedt bestreiten, gemeinsam mit deutschen Kindern aus der Musikferienwoche im Pfarrhaus“, sagt Weihrauch. Alle gemeinsam bereiten sich auf dieses Ziel vor. Zur Aufführung kommt unter anderem eine gekürzte Version der Peer-Gynt-Suite. Die Flüchtlingskinder tragen mit eigenen Darbietungen zum Programm bei. Geplant sind auch gemeinsame Musikstücke.

„Mir geht es nicht um musikalische Höchstleistungen und musikalische Erziehung. Die Kinder sollen mit Hilfe der Musik verarbeiten können, was sie erlebt haben.“ Für die Dederstedterin sei dies eine Herzensangelegenheit. Es ist die Gelegenheit, etwas als Dank für ihr erfülltes und glückliches Leben an andere Menschen zurückzugeben. „Ich kann nicht viel. Aber was ich kann, ist Musik machen.“

Erinnerung an erstes Lächeln

Weihrauch hat erlebt, wie die traumatisierten Kinder in den ersten Begegnungen mit versteinerter Miene ihre Geigen hielten, und sie erinnert sich an das erste Lächeln der Kinder beim Musizieren. „Das war wunderbar und so berührend.“

Für viele Kinder ist es die erste Begegnung mit einem Instrument. Anfangs ging es nur darum, „Töne zu produzieren“. Nun ist Weihrauch mit ihren Schützlingen schon ein Stück weiter. „Such dir ein A“, muntert sie ein langhaariges Mädchen auf. „Lass uns die Tonleiter spielen“, fordert sie freundlich einen Jungen auf. „Das Abendlied könnt ihr doch auch schon, kommt das spielen wir jetzt zusammen“, regt sie mehrere Kinder an und lobt danach: „Gut gemacht. Sehr schön.“ Oder sie schlägt eine Wiederholung vor: „Das machen wir gleich noch mal.“

Fortschritte in kurzer Zeit

Weihrauch ist erstaunt, welche Fortschritte die Mädchen und Jungen in der kurzen Zeit zum Teil schon gemacht haben. Was sie sich für die Kinder wünscht? Dass sie gut Deutsch lernen und eines Tages, wenn wieder Frieden herrscht, in ihrer Heimat mit den dort zurückgebliebenen Verwandten leben können. Das wird Zeit brauchen, weiß Weihrauch, und solange ist sie für die Kinder da.

Ihr Musikangebot konnte die Musikerin nur verwirklichen, weil ihr beispielsweise Geigenbauer aus Halle und Leipzig und Bekannte ausrangierte Instrumente bereit stellten. Eine Geige gab auch der Landesmusikrat als Leihgabe. So kamen bis zum heutigen Tag 23 Geigen zusammen, auf denen die Kinder in der Woche bis zur nächsten Probe üben können. Ein ehemaliger Kollege steuerte außerdem eine große Trommel von der Staatskapelle bei. „Anfangs trommelten wir noch auf Blechbüchsen.“

Schmuck fürs Konzert

Wenn den Kindern bei den Treffen nicht der Sinn nach Musik steht, dann können sie sich zum Zeitvertreib mit Malen beschäftigen. Die fertigen Bilder verschwinden nicht auf Nimmerwiedersehen in einer Mappe. Weihrauch sammelt sie. Mit ihnen soll die Dederstedter Kirche für das Konzert geschmückt werden. „Wir haben schon ganz viele, fast zu viele.“

Das Abschlusskonzert beginnt am Sonnabend, 2. Juli, um 15 Uhr in der Kirche in Dederstedt. (mz)