Mansfeld-Südharz Mansfeld-Südharz: Schönes Wetter wirbelt Staub und wieder Ärger auf
GROSSÖRNER/MZ. - Blauer Himmel und strahlender Sonnenschein. Die Freude über diese Wetteraussichten hält sich bei Barbara Müller aus Großörner in Grenzen. Denn ihre frisch gewaschene Wäsche hängt weiterhin auf dem Wäscheständer im Wohnzimmer anstatt auf der Leine im Garten. Gezwungenermaßen. Nach einem Tag auf der Terrasse wären die weißen Hemden grau. Den Grund für die Verschmutzung vermutet die 63-Jährige in der benachbarten Halde.
Schon seit Jahren hat diese immer wieder für helle Aufregung in der Bevölkerung in Großörner gesorgt. Seit fast zwei Jahrzehnten wird sie abgebaut und das Gestein für den Straßenbau mit Maschinen zerkleinert. Der mit den Arbeiten aufgewirbelte Staub soll sich dann in dem angrenzenden Wohngebiet verteilten, sagt Barbara Müller.
"Seit dem vergangenen Jahr ist es noch schlimmer geworden. Wir können gar nicht mehr raus", schildert sie ihre beeinträchtigte Wohnsituation durch die Staubbelastung. "Ein um den anderen Tag muss ich die Terrasse mit dem Gartenschlauch abspritzen, weil sich darauf eine Schicht bildet. Nach dem Wassergeld fragt keiner", ärgert sich die Großörnerin. Ihre Sorge gilt aber zugleich den Pächtern einer benachbarten Gartensparte: "Was machen sie mit ihrem verstaubten Obst und Gemüse? Das dauert sicher lange, um es sauber zu waschen."
Dabei ist der Staub noch das geringste Problem. Viel schwerer wiegen die Spekulationen, was in der Halde überhaupt zerkleinert wird. Gesundheitsgefährdende Stoffe vielleicht? Bürgermeister Björn Hennig weiß es nicht.
Die Ungewissheit treibt ihm aber Sorgenfalten auf die Stirn. "Es ist besonders für die Anwohner im Unterdorf von Großörner ein großes Problem, aber auch für den Kindergarten, die Sportstätten und das Freibad", zählt Hennig auf.
Probleme mit Staub haben die Fußballer in Großörner aber bisher nicht. "An mich wurde von keinem Spieler irgendetwas herangetragen", sagt Detlef Honigmann, der Abteilungsleiter der Sektion Fußball beim SV Rot-Weiß Großörner. Auch in der Kindertagesstätte "Bummi" ist alles beim alten: Die Kinder toben unbeschwert über die Spielwiese oder Rollen mit Plastikautos über den Plattenweg. Die Kita-Leiterin hat auch dort keine erhöhte Staubbelastung festgestellt. Dennoch macht sich die Kita-Leiterin so ihre Gedanken: "Natürlich ist man misstrauisch, denn wer kontrolliert den Schutt?"
Beton, Ziegel, Fliesen, Keramik, Metall: "Was wir annehmen, ist nur Bauschutt, keine schlimmen Abfälle", versichert Marc Feyenklassen, Betriebsleiter der Halde in Großörner. Er kann verstehen, dass die Menschen Angst haben, dass die Halde zur Deponie wird. "Sie haben den Müllskandal in Riestedt im Kopf." Feyenklassen will deshalb mit offenen Karten spielen: "Jeder ist hier oben willkommen, kann sich eine Bank hinstellen und zuschauen, was hier passiert. Ich habe nichts zu verbergen."
Derweil rattern hinter der Haldenböschung weiter die Maschinen. Die vier Mitarbeiter schaufeln die zerkleinerten Gesteinsberge mit ihren Baggern auf und schütten sie an anderer Stelle wieder ab. "Klar machen wir dabei auch Staub, aber dafür haben wir einen riesigen Wassertanker", erklärt Feyenklassen. Beim Zerkleinern werden die Gesteinsbrocken mit Wasser benetzt, um die Staubbildung zu verringern. "Oft zerkleinern wir auch bei Regen", sagt er.
Deshalb kann der Haldenchef nicht nachvollziehen, warum er für das Staubproblem in Großörner verantwortlich sein soll. "Das kommt vom Walzen des Ackers", zeigt Feyenklassen auf die Traktoren rings um Großörner. "Der Wind weht besonders im Frühjahr und Sommer aus nordwestlicher Richtung. Wenn es Staub von der Halde wäre, müsste er aus westlicher Richtung kommen", erklärt Feyenklassen. Er selbst tue alles, um seine Staubentwicklung weiter zu verringern. Die Wege für die LKW wurden geschottert, die Haldeneinfahrt wird ständig benässt.
"Es geht nur miteinander. Denn Abbauen tun wir. Da gibt es kein zurück", sagt Feyenklassen. Ihm ist es aber wichtig, auch auf die Belange der Bürger einzugehen. "Ich habe eine Lärmschutzwand beantragt und auch gegen das Anlegen eines Biotops am Rand der Halde habe ich nichts", sagt er.
Eine offizielle Genehmigung vom Landkreis, die Halde mit Bauschutt wieder aufzufüllen, gebe es jedoch derzeit nicht, stellte eine Sprecherin des Landkreises klar. Dafür müsse Feyenklassen einen Antrag bei der unteren oder oberen Abfallbehörde stellen. Denn der Landkreis kann das nicht entscheiden.
Trotz des Angebots des Haldenchefs, mit den Bürgern zusammen zu arbeiten, sucht Bürgermeister Hennig nach einem Bürger, der den Vorsitz der Bürgerinitiative übernehmen will. "Wer mitarbeiten möchte, kann sich dienstags bei mir in der Sprechstunde melden", sagt Hennig. Dass sich Barbara Müller nach ihren Kräften auch daran beteiligt, steht außer Frage. Immerhin hat sie den Kampf gegen ihre verstaubte Terrasse noch längst nicht aufgegeben.