"Es war die Hölle" Mann in Wolferode vermisst: Mutter schildert Stunden der Angst und die Suche nach 35-jährigem Sohn

Eisleben - Alles, was Steffi R. an Weihnachten erinnern könnte, hat sie im Haus der Familie in Wolferode schon entfernt. Das Fest 2016 möchte sie am Liebsten aus ihrem Gedächtnis löschen. Statt mit der Familie besinnliche Weihnachten zu verbringen, war sie ab Heiligabend rund 20 Stunden in heller Aufruhr.
Verschwundener Sohn meldet sich verwirrt am Telefon
Ihr 35 Jahre alter Sohn, Christian B., war verschwunden. Er meldete sich mehrmals telefonisch bei ihr, doch konnte nicht sagen, wo er ist. „Christian war verwirrt“, so die Mutter, die sich Stunde um Stunde mehr Gedanken machte, ob sie ihren Jungen lebend wiedersehen würde. Der Vermisstenfall führte dank eines Zeugenhinweises zu einem guten Ende.
„Jetzt weiß ich, wie es ist, durch die Hölle zu gehen“, so die Mutter: „Es war die Hölle.“ Schon vor Weihnachten habe sie festgestellt, dass mit ihrem Sohn, der eine eigene Wohnung in Eisleben hat und mit dem sie täglich Kontakt hat, etwas nicht stimmt. „Er klang verwirrt, hat kaum geschlafen.“ Und die Muter erfuhr, dass die Ursache wohl eine Begegnung gewesen sein muss, die bei dem 35-Jährigen, der auf Medikamente angewiesen ist, Verfolgungsgefühle hervorgerufen hat. Sie holte ihn am Nachmittag des 24. Dezember zur Familie nach Wolferode, wollte ihn so beruhigen. Im sicheren Umfeld. „Er sollte sich schlafen legen.“ Gegen 18 Uhr stellte die Mutter fest: Er ist weg!
Sie versuchte ihn anzurufen. Er hörte nicht. Einige Zeit später erhielt sie einen Anruf von ihm. „Er hat gefleht: Mutti, du musst kommen. Du musst mich befreien. Ich bin in einer Grube“, erzählt Steffi R. Der erste von mehreren Hilfe-Anrufen von Christian B. Die Mutter entschloss, auf eigene Faust nach ihm zu suchen. Am Gelände der Innova in Eisleben. Später am Bahnhof. Bis in die Nacht hinein. „Ich bin dann zur Polizei. Du findest ihn sonst nicht, habe ich mir gesagt.“
Vermisster 35-Jähriger benötigte dringend Medikamente
Auch ein Beamter im Revier in der Lutherstadt habe mit Christian B. dann telefoniert. „Und auch er habe festgestellt, dass Christian verwirrt ist“, so die Mutter. Man hätte versucht, sie zu beruhigen. „Ich sollte nach Hause fahren. Aber das konnte ich nicht, wo doch mein Sohn hilflos irgendwo ist und seine Medikamente benötigt. Da kann ich mich nicht hinsetzen.“ In der Nacht fand sie kaum Schlaf.
Am frühen Morgen des 1. Feiertages meldete sich dann ein Beamter mit Fährtenhund bei ihr. „Meine ganze Hoffnung beruhte auf diesem Hund“, so Steffi R. Von Wolferode aus verfolgte dieser eine Spur, die bei der Innova endete. Erfolglos. „Ich dachte, das ist das Ende. Ich sehe Christian nicht mehr lebend wieder.“ Es wurde ein Hubschrauber angefordert, eine Handyortung durchgeführt. Doch Christian B. blieb verschwunden. „Noch eine Nacht hätte er nicht überstanden, war ich mir sicher.“ Die Polizei fragte sie, ob die Suche mit Hilfe der Öffentlichkeit durchgeführt werden sollte. Die Mutter willigte ein, übergab ein Foto. Das war gegen Mittag. Die Polizeimeldung, dass Christian B. gesucht wird, verbreitete sich im Internet wie ein Lauffeuer. Etwa vier Stunden später dann der Anruf der Polizei bei der Mutter: Ihr Sohn wurde gefunden.
Anwohner hört Hilfeschreie des Vermissten und informiert Polizei
„Ich brach in Tränen aus und fuhr zu der Stelle.“ In der Nähe des Bahnhofs war Christian B. offenbar einen Abhang hinuntergerutscht, in eine Dornenhecke. „Die Hände und Beine waren verletzt. Er war hilflos und bewegungsunfähig, total unterkühlt“, so Steffi R., die als sie am Fundort ankam, ihren Sohn im Rettungswagen davon fahren sah. Er wurde in ein Krankenhaus gebracht, konnte Anfang dieser Woche entlassen werden.
„Es war Rettung in letzter Not“, sagt Steffi R., die sich bei allen bedankt, die bei der Suche ihres Sohnes mitgeholfen haben. Besonders bei „dem Anrufer“. Wie sie erfahren hat, hat eine Person, die in der Nähe des Bahnhofes wohnt, Hilfeschreie gehört und dies der Polizei gemeldet. „Das hat meinem Sohn wahrscheinlich das Leben gerettet“, so die Mutter, „wir sind alle froh und dankbar.“ (mz)