Letzte Ruhe in der Kirche Letzte Ruhe in der Kirche: Urnen-Grabanlage wird in Eisleber Nicolaikirche errichtet
Eisleben - Für die seit mehr als 40 Jahren ungenutzte St. Nicolaikirche in Eisleben gibt es endlich eine neue Perspektive: In dem Gotteshaus wird ein sogenanntes Kolumbarium eingerichtet, eine Urnen-Grabanlage. Außerdem wird in die Kirche ein historisches Archiv für die Gemeinden des Kirchenkreises eingebaut. „Ich bin sehr froh, dass wir mit dieser Kombination eine sinnvolle und finanzierbare Lösung für die Nicolaikirche gefunden haben“, sagte Andreas Berger, Superintendent des Evangelischen Kirchenkreises Eisleben-Sömmerda, im Gespräch mit der MZ. Denn für eine vierte Gemeindekirche in Eisleben - neben St. Andreas, St. Petri-Pauli und St. Annen - gebe es einfach keinen Bedarf.
Erstes Kirchen-Kolumbarium in Mitteldeutschland eröffnete 2007 in Erfurt
„Wir haben schon länger überlegt, wie wir die Nicolaikirche nutzen könnten“, so Berger. So sei die Idee mit dem Kolumbarium entstanden. Diese Urnen-Grabkammern - der Name ist vom lateinischen Begriff für „Taubenschlag“ abgeleitet - waren in der Antike sowie später vor allem auf italienischen Friedhöfen verbreitet. In Deutschland wurden seit dem 19. Jahrhundert Kolumbarien auf Friedhöfen errichtet. In den letzten Jahren sind in mehreren Kirchen, vor allem katholischen, Kolumbarien entstanden. „In Sachsen-Anhalt aber noch nicht“, sagt Berger. Das erste Kirchen-Kolumbarium in Mitteldeutschland ist 2007 in Erfurt eröffnet worden.
Der Superintendent geht von 800 bis 900 Urnen-Plätzen in der Nicolaikirche aus. Was die Gestaltung der Grab-Anlagen betrifft, seien verschiedene Formen möglich. Geplant sei dazu ein künstlerischer Ideenwettbewerb. Die Kosten für eine Bestattung sollen sich an den Friedhofskosten orientieren. Und wie auf dem Friedhof werde es Ruhezeiten geben. Aber auch nach deren Ablauf bleibt die Asche der Verstorbenen in der Kirche - in einem sogenannten Aschebrunnen. Das Kolumbarium könne zum Beispiel ein Bestattungsort für ehemalige Eisleber sein, die ihre letzte Ruhe in ihrer Heimat finden möchten. Generell werde es allen offenstehen - ob Eisleber oder Auswärtiger, Christ oder Nichtchrist.
Im Frühjahr haben Zimmerleute der Werkstätten für Denkmalpflege Quedlinburg Dachbalken saniert und Schwammbefall bekämpft. Diese Maßnahme, die über das europäische Leader-Programm gefördert wurde, ist mittlerweile abgeschlossen. Dies war die Voraussetzung, um die Aufhebung der Sperrung des Gebäudes zu beantragen.
Urnen-Grabanlage könnte 2020/21 gebaut werden
Derzeit werden die Emporen umgebaut. Im Anschluss soll der Innenputz saniert werden. Im Herbst kommenden Jahres soll der Rohbau für das Archiv beginnen. Das Kolumbarium könnte dann 2020/21 gebaut werden. Das Archiv wird als kompakter Bau in das Kirchenschiff gesetzt. Hier sollen künftig historische Akten und Unterlagen aus den Kirchengemeinden aufbewahrt werden, die derzeit „oft unter unzureichenden klimatischen Bedingungen“ gelagert werden, so Berger. Zudem wird dann die Chance bestehen, das Archivgut zu erschließen. „Da könnten durchaus überraschende Funde möglich sein.“
Die im 15. Jahrhundert errichtete Kirche musste 1973 wegen Bauschäden von der Gemeinde aufgegeben werden. Das Inventar wurde in andere Kirchen gebracht. 1988 gründete sich eine Bürgerinitiative, aus der 1990 das Kuratorium St. Nicolai wurde. Vor allem dank des Einsatzes von Zimmerermeister Georg Rehklau aus Memmingen gelang die Rettung der Kirche. Außer dem Dach konnten über die Jahre mehrere Fenster erneuert werden. (mz)