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Eisleben Eisleben: Der vergessene Tanztempel

Von wolfram bahn 12.11.2012, 18:01

eisleben/MZ. - Ein Hauch von Glanz und Glamour wehte einst durch den großen Saal der Eisleber Berufsschule. Das war zu jenen Zeiten, als dort noch das Tanzturnier um den Pokal der Lutherstadt Eisleben mit internationaler Beteiligung über die Bühne ging. Doch davon sind nur noch Erinnerungen geblieben. Denn das imposante Gebäude in der Querfurter Straße ist seit Jahren nicht mehr benutzbar. Schuld daran ist eine missglückte Sanierung des Saals, die im Jahr 2007 ein abruptes Ende fand.

Gudrun Riedel gerät regelrecht ins Schwärmen, wenn sie an die Veranstaltungen im größten und dekorativsten Saal in Eisleben denkt. "Gerade das Tanzturnier war immer ein Riesenspektakel", erinnert sich die frühere Kulturamtsleiter der Lutherstadt. Sie hatte in dem einstigen Speisesaal des Mansfeld Kombinates schon zu DDR-Zeiten große Tanzturniere um den Kupfer-Pokal organisiert.

An diese Tradition knüpfte die Stadt an, als sie ab Mitte der 1990er Jahre mit dem Tanzclub Schwarz-Silber aus Halle die alten Kontakte auffrischte. Schnell wurde die Veranstaltung zu einem gesellschaftlichen Ereignis ersten Ranges in der Lutherstadt. Die Karten gingen weg wie warme Semmeln. Auch weil es kein vergleichbares Ambiente in dem hohen Saal mit den Säulen in Eisleben gab.

"Akustisch war der Saal aber schwierig auszusteuern", räumt Riedel ein. An den harten Betonwänden des monströsen Bauwerks seien die Töne förmlich in den Raum zurückgeworfen worden. Ungeachtet dessen trauern die Eisleber Tanzenthusiasten den Turnieren bis heute nach. "Wir vermissen das sehr", bekennt der 74-jährige Pensionär Roland Schinko.

Seit 33 Jahren, als er in der Tanzschule Triebel anfing, frönt er gemeinsam mit seiner Frau dieser Leidenschaft. Der Saal sei optimal gewesen für ein Tanzturnier. An den Seiten habe man lange Tische aufreihen können, so dass alle Gäste einen schönen Blick auf die Tanzpaare auf dem Parkett hatten.

Die Stadt hat sich dieses Ereignis freilich auch etwas kosten lassen. Allein, um die Kapelle zu bezahlen, mussten vierstellige Summen hingeblättert werden. Dazu kamen die Antrittsgelder für die Tanzpaare und schließlich auch noch Betriebskosten. Das Gebäude gehört wie die Berufsschule dem Landkreis - und das wurde dem Tanzturnier letztlich zum Verhängnis.

Die Berufsschule brauchte eine neue Sporthalle. So entstand 2005 die Idee, den Saal dazu umzubauen. Doch die Sache ging schief. Es tauchten plötzlich statische Probleme auf. Die geplante, neue Deckenkonstruktion war zu schwer. Boden und Wände hätten abgestützt beziehungsweise verstärkt werden müssen. Ein zu teures Unterfangen, wie der damals neu gewählte Landrat Dirk Schatz (CDU) fand.

Er stoppte noch 2007 die Sanierungspläne für den Saal. Der Umbau liegt seither auf Eis. Stühle, Tische und das andere Interieur stehen heute noch so da, wie sie vermutlich damals abgestellt wurden.

Die Organisatoren des Tanzturniers mussten in das Klubhaus nach Hettstedt ausweichen, weil es in Eisleben keinen geeigneten Saal mehr gab. Zwei Jahre später war das Traditionsturnier, das nun beide Städten ausrichteten, am Ende. Auch, weil immer weniger Eisleber nach Hettstedt gefahren sind. Der Tanztempel an der Querfurter Straße geriet in Vergessenheit. Und er wird auf absehbare Zeit dicht bleiben. Beim Landkreis gibt es jedenfalls derzeit keine Überlegungen, den brachliegenden Saal wieder zu öffnen.