Die Wurzeln bleiben im Haus
Eisleben/MZ. - Nach 38 Dienstjahren fällt ihm der Abschied, wie er sagt, sehr schwer. Diese Schule ist ja irgendwie ein Teil seines Lebens, selbst in den Ferien hat es ihn jeden zweiten oder dritten Tag hergezogen. Mit diesem Haus, von dessen gelungener, denkmalgerechter Sanierung er immer wieder schwärmt, ist er regelrecht verwurzelt. Dabei hat in seiner Jugend, als er in Eisleben das Abitur ablegte, nicht einmal im Traum daran gedacht, eines Tages Lehrer an dieser Einrichtung zu werden. Liebetrau, dessen Vater einst in der Wasserhaltung des Segen-Gottes-Schachtes tätig war, hat in Karl-Marx-Stadt (Chemnitz) Technologie des Maschinenbaus studiert. Er ist ja von Haus aus
Techniker, der nicht unbedingt eine Lehrtätigkeit anstrebte. Doch die Umstände brachten es mit sich, dass Dr.-Ing. Gerhard Boltz, heute Vorsitzender des Traditionsvereins Bergschule, den jungen Diplomingenieur in Leipzig auf die Ingenieurschule aufmerksam machte. "Über Dr. Boltz bin ich wieder nach Eisleben gekommen", sagte Liebetrau rückblickend, der 1968 die Schule in einer Zeit des Umbruchs kennen lernte. Die Tage der Bergbauausbildung waren gezählt, die Zukunft wurde jetzt in der industriellen Elektronik gesehen.
Es war eine aufregende und schöne Zeit. Liebetrau denkt gern daran zurück, auch an die hohe Qualität der Ausbildung. Die Ingenieurschule für Maschinenbau und Elektrotechnik verfügte ja über einen ausgezeichneten Ruf, ihre Absolventen waren gefragt, die meisten haben ihren Weg gemacht.
Nach der Wende gab es dann einen noch größeren Umbruch, die Entwicklung ging plötzlich in eine ganz andere Richtung. Während in den Hörsälen noch Diskussionen über eine mögliche Fachhochschule geführt wurden, waren in Magdeburg die Weichen bereits gestellt: weg von der Ingenieurausbildung, hin zur berufsbildenden Schule. Die Entscheidung war umstritten, aber nicht zu ändern. "Wer meint, dass wir die Profilentwicklung hätten beeinflussen können, der irrt", sieht Liebetrau es heute.
Damals folgte für ihn eine neue Herausforderung, er wurde mit der Leitung Schule betraut, sammelte Erfahrungen, die ausreichen würden, ein Buch zu füllen. Aber ans Aufschreiben denkt er nicht, zumal die Erinnerungen sowieso mit der Zeit verblassen. Er lässt jedoch durchblicken, dass ihm die derzeitige Schülergeneration Sorgen bereitet. Was er künftig anfangen wird im Ruhestand? Darauf müsse er sich erst noch einstimmen, meint er. Das wird sich finden.