Blick reicht bis zum Brocken
HÜBITZ/MZ. - Es war wohl dem wechselhaften und für viele immer noch zu warmen Wetter geschuldet, dass sich der Run auf die Halde vom Vorjahr
nicht wiederholte, als etwa 300 Wagemutige den Aufstieg in Angriff nahmen. Unten sorgte Bärbel Kilper dafür, dass jeder Teilnehmer sich mit den Sicherheitsbestimmungen vertraut machte, denn schließlich sollten alle gesund wieder zurückkehren. Sanitäter des Arbeiter-Samariterbundes, die bei jeder Besteigung mit von der Partie sind, wurden auch diesmal nicht gebraucht.
Eine der jüngsten "Bergsteigerinnen" war Jasmin Grimm aus Mansfeld. Die Zwölfjährige war bereits zum zweiten Male dabei. "Nee, Angst vor der Höhe habe ich nicht! Mir macht das Spaß!", meinte sie. Ein wenig skeptisch zeigte sich Walter Voigt aus Helbra, ein ehemaliger Anlagenbauer aus dem Mansfeld Kombinat. Er wollte die Aussicht von oben genießen, was wegen des diesigen Wetters zweifelhaft erschien. Aber dann klappte es doch mit der Fernsicht, weil die Wolken sich auflösten. Bis zum Brocken reichte der Blick.
Um den Aufstieg zu erleichtern, hatte Wilfried Hahndorf aus Annarode vorgesorgt: Er brachte selbst gefertigte Wanderstöcke mit, zumeist aus Haselnussholz. Und mancher Haldenwanderer nahm ein solches Hilfsmittel gern.
Vor dem Aufstieg gab Günter Zeising vom Förderverein Mansfeld Museum, der selbst 36 Jahre als Bergmann tätig war, interessante Informationen zum Thälmannschacht, der, wie er betonte, in der Gemarkung von Hübitz liegt und bis 1951 als Vitzthumschacht bekannt war, benannt nach Graf Vitzthum von Eckstädt, einem Deputierten der Mansfeldischen Kupferschiefer bauenden Gewerkschaft aus Oberlößnitz bei Dresden.
Zeising erzählte aus seiner Zeit als Treckejunge. Erst als im Abbau das Himpel-Tille-Band eingeführt wurde, fiel die schwere Arbeit des Treckens weg, Zeising besuchte die Bergschule und arbeitete danach als Steiger. Er war bis 1990 in Nienstedt als Obersteiger tätig, denn für den Thälmannschacht kam bereits 1962 das Aus: Der Kupfergehalt nahm ab, der Blei- und Zinkgehalt zu. "Mit der heutigen Technik hätte man weiter abbauen können", bedauerte Zeising und gab noch beeindruckende Zahlen bekannt: Bis 1990 wurden in der Mansfelder und Sangerhäuser Mulde 110 Millionen Tonnen Erz gefördert und zu 2,63 Millionen Tonnen Kupfer geschmolzen. Die Menge reicht aus, um ein 9,6 Zentimeter breites Kupferband um den Äquator zu spannen, ist errechnet worden. Hinzu kommen 14 200 Tonnen Silber und 4,2 Tonnen Gold. So war Mansfeld die größte Silberlagerstätte. Aus Mansfelder Silber hätte man einen 6,7 Millimeter breiten Rind um den Äquator spannen können.