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Blick in den Giftschrank ist erlaubt

Von Julia Klabuhn 13.06.2007, 17:02

Eisleben/MZ. - "Das ist das Herzstück der Apotheke", verkündet Apotheker Ulrich Franke und steht dabei nicht etwa im Verkaufsraum oder im Lager, sondern in einem eher engen Hinterzimmer. Hier sind Labor und Rezeptur untergebracht. Letztere ist der Ort, wo der Apotheker Arzneien selbst herstellt. "Ein Apotheker hat das Privileg, Arzneien herzustellen, das macht die Apotheke zur Apotheke", erläutert Ulrich Franke die Bedeutung der Rezeptur.

Gegenüber dem Eingang steht hier ein großer Schrank. Hinter der linken Glastür lagern, gut verschlossen, die giftigen Substanzen und hinter der rechten Tür, unverschlossen, die ungiftigen Bestandteile der Arzneien. Auf der Arbeitsfläche stehen ein Mixer und eine Waage. Darauf eine Fanta-Schüssel zum Mischen von Zutaten, die nach ihrem Erfinder benannt wurde. Ulrich Franke hat schon ein paar Geräte zur Arzneiherstellung herausgesucht. Denn am Mittwoch, dem Tag der Apotheke bietet er in der Eisleber Ginkgo-Apotheke einen Blick hinter die Kulissen an.

Nur noch höchstens ein Prozent der Medikamente werde heutzutage selbst hergestellt. "Meistens sind das Salben, manchmal auch Verdünnungen von fertigen Arzneimitteln, die für Kinder zu hoch dosiert sind", erklärt Ulrich Franke, und dem 40-jährigen Apothekeninhaber ist anzumerken, dass dieser Teil seiner Arbeit ihm besonders viel Spaß macht. Er demonstriert, wie früher Arzneien in Pulverform auf so genannten Pulverschiffchen, die aussehen wie kleine Schuhlöffel, abgewogen und dann in Papierbriefchen gefüllt wurden. Der Nachteil dieser Verpackungsform: Der Patient musste den Geschmack der Medizin aushalten. Und der ist meistens bitter. Deshalb werden die Pulver heute in Kapseln dosiert.

Wie das geht, zeigt Ulrich Franke auch sofort: Ein Kapsel-Füllgerät, in dem die leeren Gelatine-Hülsen eingespannt, auseinander genommen, befüllt und wieder aufeinandergesteckt werden. "Sieht auf den ersten Blick nach nichts Besonderem aus, ist aber eine wunderbare Erfindung für unsere Arbeit", lächelt der Apothekenchef. Er ist Inhaber zweier Apotheken in Eisleben. Als er mit dem Studium begann, hatte er das noch nicht geplant. "Ich bin nicht an der Hochschule geblieben oder in die Forschung gegangen, weil ich lieber mein eigener Chef sein wollte", begründet er seine Entscheidung.

Wenn man um den Schrank in der Rezeptur herumgeht, steht man im Labor. Jeder Arzneigrundstoff wird hier überprüft, schließlich muss sicher sein, dass auch das geliefert wurde, was auf dem Etikett steht. Zum Beispiel wird der Schmelzpunkt einer Substanz getestet. Nur wenn der bei einer bestimmten Temperatur liegt, ist das Produkt in Ordnung. Pflanzen begutachten die Apotheker unter dem Mikroskop. Was im Lager aufbewahrt wird, muss dagegen nicht getestet werden. Das sind die Fertigprodukte. Früher wurde nach Präparaten sortiert, heute geht es nach dem Alphabet. Die hohen Schubladenschränken aus hellem Holz heißen deshalb Generalalphabet.

Daneben stehen Regale, rechts an der Wand ist ein PC-Arbeitsplatz. Im Lager untergebracht sind: "Medikamente, Verbände, Hilfsmittel wie Inhalatoren", sagt Ulrich Franke und fügt nach einem Blick in den Computer hinzu: "Wir haben hier 2 600 Produkte. Das sind ungefähr zehn Prozent von dem, was insgesamt auf dem Markt ist". Und dann gibt es noch den Verkaufsraum. Heutzutage der Ort, wo Ulrich Franke und seine Mitarbeiter wesentlich mehr Zeit mit Beratung und Verkauf verbringen als mit Arbeit im Labor. Doch sind es andere Aufgaben, die am meisten Arbeit machen: "Viel Zeit verbringe ich mit Kostenvoranschlägen und Abrechnungen, die Korrespondenz mit den Krankenkassen eben", erklärt der Apothekenchef nüchtern.