Abschied bei der Volks- und Raiffeisenbank Eisleben Abschied bei der Volks- und Raiffeisenbank Eisleben: Elvira Gräbe träumt vom Akkordeonspielen

eisleben - Bei der Volks- und Raiffeisenbank Eisleben geht eine Ära zu Ende. Mit Elvira Gräbe verabschiedet sich zum Jahresende ein Vorstand in den Ruhestand, der die Genossenschaftsbank seit der Wende nicht nur maßgeblich geprägt hat. Die 64-jährige gebürtige Unterrißdorferin hat auch entscheidend mitgeholfen, das Geldinstitut nach dem Zusammenbruch der DDR über zahlreiche Klippen in die Marktwirtschaft zu steuern. „Das waren wirklich aufregende Zeiten“, erinnert sich Gräbe, die 23 Jahre lang gemeinsam mit Detlef Kommischke die Geschicke der Eisleber Volksbank mitbestimmt hat.
Nach der Währungsumstellung am 1. Juli 1990 sind beide noch lange regelmäßig mit dem eigenen Pkw zur Bundesbank nach Halle gefahren, um die D-Mark-Bestände aufzufüllen. Eingeprägt hat sich bei ihr aus jener stürmischen Zeit auch ein Bankberater aus dem Westen. Vor der gesamten Belegschaft hatte er Gräbe und den anderen Vorständen prophezeit, dass sie die neuen Herausforderungen nicht bewältigen würden.
Er unterschätzte den Ehrgeiz und die Willenskraft der Ostfrau, die in der Landwirtschaft groß geworden ist und auch auf dem elterlichen Hof gelernt hat, sich durchzubeißen. „Sie kennen uns nicht, wir schaffen das“, hatte sie ihm gekontert. Und in der Tat, die Volks- und Raiffeisenbank hat sich behauptet. Sie hat auch die Bankenkrise, die 2008 ausgelöst wurde, gut überstanden. Und Elvira Gräbe, die von 1969 bis 1973 an der Fachhochschule für Finanzwirtschaft in Gotha studierte, hat sich als Führungskraft bewährt. Etliche Jahre hat sie gepaukt, um das neue, „für uns völlig unbekannte Bankwesen“, so Gräbe, zu durchschauen.
Mit Diplom als Bankbetriebswirtin schloss sie 1995 ein mehrjähriges Seminar ab. Geblieben ist sie trotz alledem eine Chefin, die bescheiden auftritt und wusste, was sie an ihren Mitarbeitern hat. Der Belegschaft hat sie Adieu gesagt, auch von vielen Geschäftskunden, von denen sie die meisten schon über Jahre persönlich kennt, hat sie sich bereits verabschiedet. Eine große Jubelfeier ihr zu Ehren wollte Elvira Gräbe nicht. „Das passt auch nicht in die Zeit“, glaubt sie.
Dass mit Thomas Kaul der Prokurist der Bank ihren Posten im Vorstand übernimmt, stimmt sie froh. „Dadurch sind mir die ungeliebten Bewerbungsgespräche erspart geblieben“, sagt sie. Dennoch fällt ihr der Abschied aus „ihrer“ Bank nicht leicht. „Das alles geht mir ganz schön an die Nieren“, bekennt sie freimütig, so wie sie auch sonst ein offenes und herzliches Wesen hat. Und da rollt bei ihr auch schon mal eine Träne.
Auch die jährlichen Reisen mit Bankkunden, die sie immer im eigenen Urlaub gemacht hat, werden ihr fehlen. Zur Erinnerung hat sie von ihrer Reisegruppe ein Fotobuch geschenkt bekommen. Jetzt will sie sich eine Ruhezeit gönnen, sich mehr um den Garten in Seeburg kümmern und ihre Schwester bei der Pflege ihrer Eltern, die beide schon über 90 sind, unterstützen. Und dann möchte sich Elvira Gräbe einen Kindheitstraum erfüllen: „Wenn es geht, will ich unbedingt Akkordeonspielen lernen.“ (mz)