Zwangsarbeiter Zwangsarbeiter: Brief an den Pfarrer weckt alte Erinnerung
Zieko/MZ. - Der Brief, den Pfarrer ThomasMeier aus Zieko Anfang Mai in seinem Postkastenfand, war an den "Pastor oder Schuldirektordes Dorfes Luko" gerichtet. Da er als Pfarrerunter anderem für das Dorf Luko zuständigist, war es eigentlich nur allzu verständlich,dass der Brief an ihn ging.
Erstaunlich war jedoch der Absender: der Briefkam aus der Ukraine. Thomas Meier konnte mitdem Schriftstück herzlich wenig anfangen.Er legte es Sieglinde Exner aus dem Kirchenratvor, die in dem betreffenden Dorf lebt. Alsdiese las, dass der Brief von Jelena Iwanownageschrieben wurde, war ihr schnell klar, dasses sich hierbei um die ehemalige Zwangsarbeiterinhandeln musste, die im Zweiten Weltkrieg inder Wirtschaft von Elfriede Metzners Familiein Luko tätig war.
Nach nunmehr 56 Jahren sucht die Ukrainerinjetzt den Kontakt nach Deutschland. Sie hofft,"eine Kompensation für meine schwere Arbeitim damaligen Deutschland während des ZweitenWeltkrieges zu erhalten", da es ihr finanziellsehr schlecht geht. Aus diesem Grund schriebsie an den "Pastor oder Schuldirektor" undbat um Dokumente, um ihren Aufenthalt undihre Arbeit in Luko belegen zu können.
Des weiteren fragte sie an, ob jemand vonder Familie Leps noch am Leben ist und batum schriftliche Antwort. Daraufhin schriebElfriede Metzner ihr "sofort" zurück, legtealte Fotos und Kopien aus dem Einwohnermeldebuchbei, in dem auch alle ehemaligen Zwangsarbeiter/innenaufgeführt sind. "Meine Schwester schlug vor,doch mal in dem Buch nachzuschlagen. Und wirhaben tatsächlich ihren Namen gefunden. Ichhoffe, wir konnten ihr damit helfen", wünschtsich die 62-Jährige.
Jelena Pschermizkaya, so war ihr Mädchenname,wurde im Juni 1943 im Alter von 18 Jahrennach Deutschland gebracht und der Wirtschaftvon Otto Leps, dem Großvater von ElfriedeMetzner, zugeteilt. "Mein Vater war im Krieg,und meine Urgroßeltern besaßen eine Ziegelei,in der arbeitete sie. Mit uns Kindern hatsie immer gespielt, im Winter ist sie mituns rodeln gegangen", erzählt die 62-Jährige,während ihr Blick über den Brief schweift.Sie selbst war zu dieser Zeit erst siebenJahre alt und hat deshalb kaum noch Erinnerungenan die Ukrainerin. Eines weiß sie jedoch genau:"Wir hatten ein sehr gutes Verhältnis. Jelenagehörte schon richtig zur Familie." Als derKrieg dann zu Ende war, musste sie in dieUkraine zurück. Seitdem hatten die FamilieLeps/Metzner und Jelena Iwanowa nichts voneinandergehört. Bis zum Mai diesen Jahres.