Zurück in die Zukunft?
Dessau/MZ. - Wie ist derzeit die Stimmung unter den Landwirten der Region?
Vierenklee: Sie sind verärgert über die Politik und zugleich verunsichert von den täglichen Meldungen zum Thema BSE. Ratlos sind vor allem diejenigen, bei denen Futtermittel gefunden wurden, in denen Tiermehle nachgewiesen worden sind. Sie trifft es besonders hart. Neben den Absatzschwierigkeiten müssen sie als Käufer der Futtermittel für deren Entsorgung aufkommen. Das ist meiner Ansicht nach ungerecht. Spätestens nach dem totalen Tiermehlverbot, das die Bundesregierung erlassen hat, haben die Futtermittelhersteller, die sich nicht daran hielten, kriminell gehandelt. Sie muss die Härte des Gesetzes treffen. Und man sollte ruhig ihre Namen öffentlich machen.
Wie viele Betriebe im Verbreitungsgebiet trifft das?
Vierenklee: Nach meinem derzeitigen Kenntnisstand sind es zwei Landwirtschaftsbetriebe. Einer befindet sich im Kreis Köthen, ein weiterer bei Zerbst. Die Bauern sind ratlos und unsicher. Wer garantiert, dass beim nächsten Futtermittelhersteller nicht wieder Stoffe drin sind, die nicht ettikettiert sind? Momentan laufen Verhandlungen mit der Landesregierung. Es wird beraten, wer für die Entsorgung des beanstandeten Futter aufkommen wird.
Ein radikales Umsteuern, wie es augenscheinlich die Regierung vor hat, was könnte das für Konsequenzen nach sich ziehen?
Vierenklee: Ich stehe den bisherigen Äußerungen aus Berlin sehr kritisch gegenüber. Das Landwirtschaftsministerium umzustrukturieren, mehr Wert auf Verbraucherschutz zu legen, ist für mich zunächst ein folgerichtiger Schritt. Das kommt nicht nur den Verbrauchern, sondern auch den Bauern entgegen. Es ist andererseits an der Zeit, dass nicht Politik und Ränkekämpfe solche wichtigen Aspekte wie die Gesundheit bestimmen, sondern Sachverstand und Kompetenz wieder höheren Stellenwert gewinnen.
Wie meinen Sie das?
Vierenklee: Ich spiele darauf an, dass Öko-Höfe jetzt mehr in den Mittelpunkt gerückt werden sollen. Man will zurück zu kleineren Betriebsgrößen, wird das begründet. Da stellt sich mir die Frage, was solche Diskussionen sollen. Der Rinderwahnsinn hat nichts mit Betriebsgrößen oder Strukturen in der Landwirtschaft zu tun. Momentan kann ich jedenfalls keinen Zusammenhang erkennen. Die BSE-Fälle in der Schweiz sind nicht in großen Ställen aufgetreten. Oder denken wir an Bayern. Auch hier waren kleine landwirtschaftliche Betriebe betroffen. Eine Ideologisierung der künftigen Agrarpolitik kann keine Krise wie BSE überwinden helfen. Wir wissen zu wenig über die Krankheit, es ist wichtig, Geld in Größenordnungen in die Forschung zu stecken.
Es wird in Berlin häufig davon geredet, dass wir uns auf alte Wurzeln besinnen müssen. Wie viele Bio-Bauernhöfe gibt es bereits in der Region?
Vierenklee: Man kann sie an einer Hand zählen. Ich persönlich finde es gut, dass es alternative Anbieter gibt, nur sehe ich auch deren Schwierigkeiten.