Dessauer Zuckerraffinerie Zuckerraffinerie Dessau: Stadtsparkasse unterstützt Ankauf historischer Dokumente

Dessau - Bisher unbekannte Einblicke in die Dessauer Zuckerraffinerie sowie die Strontian- und Pottaschefabrik Roßlau können jetzt im Dessauer Stadtarchiv gewährt werden - dank dem Aufkauf von fünf Fotoalben.
Im Archiv, sagt dessen Leiter Frank Kreißler, ist zwar schon ein umfangreicher Bestand an Archivalien zu den Firmen vorhanden, „aber jetzt konnte er aufs Vortrefflichste erweitert werden“. Möglich wurde dies durch die Stadtsparkasse Dessau, in deren Schalterhalle die Neuerwerbung von Kreißler und Sparkassen-Vorstand Konrad Dormeier präsentiert wurde.
Die Alben waren dem Stadtarchiv im vergangenen Jahr von einem Sammler aus Berlin angeboten worden. Vermutlich stammen sie aus dem früheren Privatbesitz von Generaldirektor Wilhelm Cramer. Darauf weisen Widmungen hin. 1895 war Cramer ins Unternehmen eingetreten. Ein Album entstand 1935 - aus Anlass seines 40. Betriebsjubiläums.
Zuckerraffinerie wurde 2003 endgültig geschlossen
Die Sammelbücher enthalten Dokumente, Lagepläne, Aufnahmen von Betriebsanlagen und Produktionsabläufen sowie von Betriebsangehörigen der Dessauer Zuckerraffinerie AG zwischen 1881 bis 1937. Die Zuckerraffinerie, 1871 gegründet, war einer der größten Industriebetriebe der Stadt und hatte sich in den 1920er Jahren zu einem allgemeinen Chemieunternehmen gewandelt.
Traurige Berühmtheit erlangte das Werk durch die Herstellung des Schädlingsbekämpfungsmittels Zyklon B. Die Nazis setzten es zum Massenmord in Konzentrationslagern ein. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Werk als VEB Gärungschemie Dessau weitergeführt und im Jahr 2003 endgültig aufgelöst.
Besonders wertvolle Gruppenaufnahmen der Arbeiter
Der Blick in die Alben erhellt nicht nur die Geschichte der Dessauer Zuckerfabrik, sondern auch zur dazugehörigen Roßlauer Strontian- und Pottaschefabrik. „Es gibt sehr interessante Aufnahmen, die wir zu großen Teilen selbst noch nicht kannten“, ist Kreißler begeistert über den neuen Schatz.
Besonders wertvoll seien für den Archivleiter auch Gruppenaufnahmen. Sie zeigen eine Reihe von Beschäftigten aus verschiedenen Abteilungen - von einfachen Arbeitern bis zu leitenden Angestellten. Wertvoll seien sie deshalb, weil eine Reihe der Abgebildeten namentlich bezeichnet sind. „Oftmals haben wir im Archiv Fotos, wo keine Zuordnung möglich ist“, bedauert er.
Aufschlussreich sind auch andere Dokumente. Etwa eine Urkunde, mit der die Bitterfelder Luisengrube Cramer zum 40. Betriebsjubiläum gratulierte. Aus der Luisengrube hatte die Roßlauer Fabrik ihre Kohle für die Produktion bezogen.
Die Dessauer Zuckerraffinerie ist heute nur noch eine Ruine
Ins Auge auch fallen die Fotografien des 1937 in Dessau eingeweihten Kameradschafts- und Gemeinschaftshauses. Das Haus „war sehr funktional und modern“, sagt Kreißler. „Es ist eines der wenigen, das ein Schwimmbad für Betriebsangehörige bot.“ Heute ist das Gebäude unterhalb der Brauereibrücke nach einem Brand nur noch eine Ruine. Zuvor war es Diskothek.
Die Möglichkeit zum Blättern in den Alben nutzten mehrere Dessauer bei der Präsentation. So hoffte Günther Krause Fotos vom Urgroßvater seiner Frau Christa zu finden. „Der Urgroßvater war Eduard Krüger, einer der Gründer der Zuckerfabrik“, sagt Krause.
Auch selber kann er sich noch gut an die Gärungschemie erinnern. „In der 9. Klasse hatten wir dort den ’Tag der Produktion’“ erzählt der 76-Jährige. Das aber ist schon über 60 Jahre her. (mz)
