Zement-Anlagenbauer aus Dessau wagen Neuanfang
DESSAU/MZ - Sieben Jahre lagen zwischen Auszug und Rückkehr. Im Bürohaus in der Erich-Köckert-Straße hatte sich in dieser Zeit kaum etwas verändert. Als Lutz Skupin sein altes Büro wieder aufschloss, "da habe ich meine alte Schreibtischunterlage gefunden". Der Unternehmer schüttelt ungläubig den Kopf. Doch die Realität verhindert allzu langes Träumen.
Schwierige zwölf Monate
Schwierige zwölf Monate liegen hinter Skupin. Doch die Insolvenz der Cemag, seine Entlassung als Prokurist und persönliche Schicksalsschläge haben den 62-jährigen Unternehmer nicht unterkriegen können. "Die Rente kommt für mich zu früh", sagt Skupin. "So wollte ich nicht aufhören. Da habe ich noch zu viele Ideen im Kopf."
Dort wo im August 2001 die Cemag GmbH gegründet wurde, sitzt nun die ZemDes GmbH. Zem steht für Zement. Des für Dessau. Damals wie heute ist Skupin angetreten, "in Dessau die Tradition des Zementanlagenbaus aufrechtzuerhalten und das Wissen hier nicht brach liegen zu lassen". 15 Leute zählt Skupins neue Mannschaft, die seit Dienstag in den neuen alten Büros sitzt. "So viele Leute braucht man, um sofort den Anspruch eines Anlagenbauers zu erfüllen."
Skupin hat den Cemag-Höhenflug von Anfang bis Ende mitgemacht. Von den sieben Jahren mit den iranischen Firmengründern Ali Memari und Akbar Fard will Skupin nicht alle missen. "Es war lange eine schöne, spannende Zeit." Die Cemag wuchs und expandierte, bekam lukrative Aufträge überall in der Welt, stellte Leute ein, baute auf dem Dessauer Flugplatz ein neues Firmengelände und investierte Millionen in das SBBZ, ein hoch modernes Stahl- und Blechbearbeitungszentrum. Im Juni vorigen Jahres endete der Höhenflug. Mit dem Insolvenzantrag. Die Cemag-Holding, ein Konglomerat von einem halben Dutzend Firmen, hatte sich übernommen.
Die CMP AG übernahm die Geschäfte der Cemag GmbH, nicht aber Skupin. Der wurde freigestellt, musste zum 30. April gehen - und begann am 1. Mai bei der Zemdes GmbH als Prokurist. "Der Neuanfang war leichter als gedacht", sagt Skupin, der mit vielen Interessenten sprach und sich am Ende mit einer türkischen Firma zusammentat. "Kurioserweise", sagt Skupin, "sind auch das wieder Brüder." Hussein Öktem ist nun Geschäftsführer der ZemDes GmbH, Isham Öktem zweiter Prokurist. "Wir kennen uns seit vier Jahren. Die sind stark in der Montage und in der Fertigung. Wir können das Engineering." In Dessau hat Skupin das Sagen - und große Pläne.
Die 15 Kollegen sind alle einstige Cemag- und CMP-Mitarbeiter. "Ich habe keinen Mitarbeiter gezielt abgeworben. Dass die Leute zu mir gekommen sind, ist deren Entscheidung", versichert Skupin, wissend, dass ZemDes natürlich in Konkurrenz zum Cemag-Nachfolger CMP AG tritt. "Davor haben wir keine Angst", ist Skupin zuversichtlich, "dass wir bald sogar noch mehr Leute brauchen". 250 Quadratmeter sind vorerst im ehemaligen EnviaM-Haus in der Erich-Köckert-Straße angemietet. Mit der Option auf mindestens noch einmal so viel Fläche.
Ob der Cemag-Nachfolger CMP AG angesichts des personellen Aderlasses weiter in der Lage ist, als vollwertiger Zementanlagenbauer am Markt zu agieren, ist die große Frage, die Skupin nicht beantworten will, die das Land Sachsen-Anhalt aber irgendwann beantworten muss. Im Gegensatz zu Niedersachsen, wo in Hameln der zweite Cemag-Hauptsitz war, hat es den Neustart der CMP AG am Standort Dessau über die Investitionsbank des Landes in Millionen-Höhe unterstützt. Welche Auflagen damit verbunden sind, ließ die Bank mit Verweis auf das Bankgeheimnis offen. Fakt ist: Auf der CMP-Webseite wird schon einmal ein Verfahrenstechnik- oder Maschinenbauingenieur gesucht. Die Einstellung soll zum nächstmöglichen Zeitpunkt erfolgen.
Start ohne Anschubfinanzierung
Skupins Neuanfang passiert ohne Förderung. Man sei gerade dabei, sich bei der alten Kundschaft vorzustellen. "Wir machen das, was machbar ist aus den Resultaten unserer Aufträge", sagt der Unternehmer, dem die Lust am Neuanfang anzumerken ist. "Viele in dieser Stadt leben von Erinnerung", sagt Skupin. "Der Zementanlagenbau in Dessau-Roßlau aber ist und bleibt Zukunft."