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Zehn Ölquellen für den Scheich

Von Michael Deutsch 03.09.2004, 16:50

Thurau/MZ. - Henry Franzke aus dem kleinen Ort Thurau nahe Köthen versucht seit zwei Jahren eine so genannte analytische Depolymerisationsanlage zu vermarkten. Mit der sollen sich Abfälle wie Altholz, Altöle, Klärschlamm, Tiermehl sowie die Inhaltsstoffe der Gelben Tonne in DIN-gerechtes Dieselöl umwandeln lassen. Der Vorteil: Kohlenstoffhaltigen Wertstoffe müssten demnach nicht mehr verbrannt werden.

Die künstliche Dieselölquelle konnte der 49-jährige Franzke jüngst Shaik Al Hassan Bin Ali Bin Rashid Al Nuaimi, einem Mitglied der Königsfamilie des arabischen Emirates Ajman, vorstellen. Die Königliche Hoheit, die aus der kleinsten Region der Vereinigten Arabischen Emirate stammt (siehe Karte), weilte kürzlich geschäftlich in Sachsen-Anhalt. "Den Kontakt ins Scheich-Reich gibt es schon länger", sagt Franzke. Er, als ehemaliger Außendienstler, der jahrelang für einen Konzern Nutzfahrzeuge mit Spezialaufbauten verkaufte, profitiere von internationalen Kontakten. Mit seiner Firma Consulting Management Alternative Energy Resources arbeite er seit vier Jahren auf eigene Rechnung und handele mit Stahlbauerzeugnissen. "Vor drei Jahren erfuhr ich auf der Leipziger Messe von der Dieselölgewinnung aus Müll. Das klang unglaublich", sagt Henry Franzke und trat mit der Produktionsfirma Tarbinar aus Neuensalz bei Plauen sowie auch mit dem Patentinhaber, Dr. Christian Koch, in Kontakt.

Der 64-jährige Wissenschaftler ist von seinem Verfahren, das er als "katalytische drucklose Verölung" bezeichnet, überzeugt. "Ein spezieller Katalysator zerlegt den kohlenstoffhaltigen Müll bei rund 300 Grad Betriebstemperatur.

Aus einer Anlage gewinnen wir 500 Liter Diesel pro Stunde", erklärt Koch als Inhaber der Gesellschaft für katalytische Aufbereitungstechnologien gegenüber der MZ. Eine gängige Versuchsapparatur stehe im sächsischen Eppendorf bei Plauen. "Trotz überzeugender Technologie ist die Vermarktung schwierig", gesteht Businessmann Franzke, der seit 2002 die patentrechtlich geschützte Anlage im Auftrag der Firma Tarbinar vertreiben darf. Dass nun ausgerechnet in Zeiten steigender Spritpreise die Dieselölquelle nicht sprudelt, wurmt ihn.

"Die Energiekonzerne haben die Bedeutung der Technologie längst erkannt - den Kauf aber stets von der Patentübernahme abhängig gemacht." Doch das Know-how werde man nicht abtreten, da hängt künftig noch viel Geld dran, betont Franzke und erzählt von vergeblichen Mühen, auf eigene Faust den synthetischen Diesel zu produzieren. "Ich bekam nirgendwo einen Kredit, die Banken verlangten unverschämt viel Eigenkapital und Sicherheiten", sagt er.

Falls nun der Scheich tatsächlich zehn Anlagen kauft - Franzke verweist auf seinen Vorvertrag und spricht von einem Auftragsvolumen von 35 Millionen Euro - dann müsste er keine Bank mehr überzeugen. "Ich würde in Nienburg (Landkreis Bernburg) fünf solche Anlagen errichten und betreiben." Gewissermaßen wäre er dann selbst Scheich und Herr über die Spritpreise. Franzke: "Der Liter Diesel kostet bei mir dann höchstens 50 Cent."