Wolfspaare rund um Dessau-Roßlau Wolfspaare rund um Dessau-Roßlau: Wolfsexperte argumentiert gegen mögliche Panik

Dessau - Dass es auch in Zukunft in der Umgebung von Dessau-Roßlau Schlagzeilen und Berichte von Wölfen geben wird, die Tiere reißen, das will Christian Emmerich nicht ausschließen. „Immer mehr Wölfe werden in Nachbarschaft der Stadt heimisch“, sagt der Hundetrainer.
Er ist einer von fünf ehrenamtlichen Wolfsbotschaftern des Nabu in Sachsen-Anhalt. In Schulen, in Gemeindezentren und Bürgerhäusern oder bei Aktionstagen, wie dem Tier-, Natur- und Umweltschutztag im vergangenen Oktober im Umweltbundesamt hält er Vorträge über den Wolf als neuen Nachbarn und wie man vor allem Nutztiere vor ihm besser schützen kann.
Der Dessauer ist viel unterwegs in den Wäldern rund um die Doppelstadt. Er stellt Fotofallen auf, legt sich auf Hochsitzen auf die Lauer und sammelt Spuren, um zu erkunden, ob Isegrim in hiesigen Breiten wieder sein Revier hat.
Oranienbaumer Heide ist Teil eines Wolfsreviers von zwei erwachsenen Wölfen und ihrem Nachwuchs
Östlich von Roßlau ist das der Fall. Ein Elternpaar mit schon zwei Würfen von jeweils drei und vier Welpen ist hier heimisch geworden. Die Oranienbaumer Heide ist Teil eines Wolfsreviers von zwei erwachsenen Wölfen und ihrem vierfachen Nachwuchs.
In der Mosigkauer und Kühnauer Heide sind Wölfe schon in die Fotofalle gegangen. „Jetzt gilt es rauszufinden, ob sie hier nur durchziehen oder tatsächlich ein festes Revier haben“, erzählt der Nabu-Wolfsbotschafter. Er wird in den kommenden Monaten nach weiteren Hinweisen suchen.
Eine Gruppe beunruhigt die Nachbarschaft des Wolfes besonders. Regelmäßig klagten Nutztierhalter in der Region in der jüngeren Vergangenheit über gerissene Schafe, Kälber und Fohlen. Oft waren die Herden und ihre Halter auf Wolfsattacken nicht vorbereitet. „Unzureichend geschützte Nutztiere sind die bequemste Art für Wölfe an Nahrung zu kommen“, schildert Emmerich.
„Nur rund ein Prozent ihres Nahrungsbedarfs beziehen Wölfe aus Nutztieren“
Gleichzeitig überrascht den Laien aber eine andere Zahl. „Nur rund ein Prozent ihres Nahrungsbedarfs beziehen Wölfe aus Nutztieren“, erklärt der Nabu-Wolfsbotschafter. Doch er weiß, dass jedes gerissene Tier eines zu viel ist und die Akzeptanz des Wolfes weiter schmälert. Deshalb engagiert der Dessauer sich ehrenamtlich auch im Wolfskompetenzzentrum Iden (WZI).
Es ist eine Außenstelle des Landesamtes für Umweltschutz Sachsen-Anhalt. Die Einrichtung soll die natürliche Ansiedlung des Wolfs in Sachsen-Anhalt fachlich begleiten. Dazu gehört auch die Beratung von Nutztierhaltern. In Kühren bei Aken läuft ein Pilotprojekt zum Herdenschutz. Nachdem Anfang 2017 nachweislich eine Mutterkuh von einem Wolf gerissen wurde, hat der betroffene Bauer zusammen mit Emmerich den Schutz der Rinderherde verbessert.
Elektrozaun und Herdenschutzhunde schützen effektiv vor Wolfsangriffen
Ein engmaschiger mobiler Elektrozaun und ausgebildete Herdenschutzhunde schützen effektiv vor Wolfsangriffen. „Über hundert Landwirte aus den neuen Bundesländern haben sich in den vergangenen Monaten informiert“, freut sich Emmerich über die gute Resonanz. Die Umsetzung scheitert zu oft noch an den Finanzen. Da soll mit der Politik noch einmal verhandelt werden.
„Wenn weniger Nutztiere gerissen werden, erhöht das die Akzeptanz des Wolfes“, ist Emmerich überzeugt. Er stellt fest, dass der überwiegende Teil der hiesigen Bevölkerung Isegrim sowieso freundlich gesonnen ist.
Weil die Realität kaum etwas mit Rotkäppchen gemein hat. „Wölfen zu begegnen ist äußerst selten. Wenn sie Menschen wittern, gehen sie auf Distanz. Man kann daher noch immer ruhigen Gewissens durch unsere Wälder spazieren“, versucht der Wolfsbotschafter auch ängstlichere Gemüter zu beruhigen. (mz)