Wohnen in der Wagner-Passage Wohnen in der Wagner-Passage: Zahlen die Mieter zu hohe Nebenkosten?

Dessau - Für ältere Menschen ist die Wagner-Passage eigentlich ein idealer Wohnstandort. Auch Ursula Hesse (86) möchte die Bequemlichkeiten nicht missen. In der Passage gibt es Arztpraxen. Die Apotheke und der Augenoptiker sind schnell zu erreichen.
Und der Einkauf kann auch nach dem Umbau, der gerade läuft, direkt im Haus erledigt werden. Das wichtigste aber ist der Fahrstuhl, erinnert sich Hesse an die Zeit, als ihr kranker Ehemann noch lebte und auf den Lift angewiesen war. Doch all die Bequemlichkeiten muss die Seniorin mit den Mietnebenkosten begleichen.
Wohnen in der Wagner-Passage in Dessau-Roßlau
Hesses eigentliche Wohnung befand sich viele Jahre in der ehemaligen Friedhofstraße. Der Wohnblock wurde abgerissen. Nicht zuletzt deswagen hatten sich die Dessauer vor Jahren umorientiert. Umgezogen wurde in die Wagner-Passage.
Vor rund einem Jahr flatterte bei Frau Hesse die erste auffällige Mietnebenkostenabrechnung ins Haus, die sie mit Hilfe ihrer langjährigen, ehemaligen Nachbarin Birgit Brückmann studierte und darin einige Unregelmäßigkeiten feststellte.
Mieterin muss für Parkplatzbeleuchtung zahlen
Da werden der Mieterin etwa 7,55 Euro für die Position Parkplatzbeleuchtung in Rechnung gestellt. „Das ist nicht nachvollziehbar, da keine Parkflächen ausgewiesen sind, die ausschließlich die Mieter nutzen können.
Es gibt, dem Gewerbe geschuldet, eine Vielzahl von Kundenparkplätzen, dort ist aber die maximale Parkdauer auf eine Stunde begrenzt,“ schildert Brückmann die Situation.
Müllcontainer werden nicht nur durch Mieter genutzt
Auch die Abfallkosten (jetzt 68 Euro) haben sich für die Mieterin erhöht. Moniert wird das von Hesse, weil nicht sichergestellt ist, dass ausschließlich Mieter die Müllcontainer benutzen können. Wer die Parkplätze der Wagner-Passage nutzt, für den sei es nicht schwer, seinen Müll in den Containern der Mieter zu entsorgen.
In Rechnung gestellt wurden der Mieterin auch Kosten für den Wachdienst (135 Euro), der vor allem im gewerblichen Teil des Objekts tätig ist. Die Hausverwaltungsgesellschaft HuB GmbH mit Sitz am Dessauer Albrechtsplatz argumentierte, dass die Kosten gerechtfertigt seien, schildert Brückmann.
Auch der Wachschutz wird der Rentnerin in Rechnung gestellt
Man habe bereits Jugendliche in den Fluren der Wohnbereiche angetroffen. „Das Antreffen von Jugendlichen ist aber kein Grund, einen Wachdienst zu beschäftigen“, widerspricht Brückmann. Für sie steht fest: „Der Wachdienst dient in erster Linie den Interessen der Gewerbetreibenden in der Wagner-Passage.“
Somit dürften sie für eine Mischeinheit aus Wohnungen und Gewerbe trotz Vereinbarung im Mietvertrag jedenfalls dann nicht umgelegt werden, wenn sie der allgemeinen prophylaktischen Bewachung ohne konkreten Anlass dienen.
Die Hausverwaltung hält sich zu den Anschuldigungen bedeckt
Ursula Hesse hatte im vergangenen Jahr zunächst einen Teil des von der Hausverwaltung geforderten Geldes einbehalten und es dann aber doch gezahlt. Die Seniorin hatte nicht die Kraft, es auf eine Auseinandersetzung ankommen zu lassen. Dabei „möchte ich nur das bezahlen, was rechtlich zulässig ist“, betont die 86-Jährige.
Die für die Wagner-Passage zuständige Hausverwaltung hält sich wiederum bedeckt. Sie beruft sich auf den Datenschutz, dem das Mietverhältnis unterliege.
„Somit können wir keine Aussage treffen“, schreibt der Hausverwalter HuB auf eine Anfrage der Mitteldeutschen Zeitung, betont aber, dass sich die Mieterin gern an die Hausverwaltung wenden könne.
Mieterbund Dessau rät zu Widerspruch
Gabriele Perl ist Vorsitzende des Mieterbundes Dessau und Umgebung. Was Mieterin Hesse schildert, kommt ihr nicht unbekannt vor. „Der Mieterbund hat mit einer Vielzahl ähnlicher Beschwerden zu tun. In der Mehrzahl betrifft dies private Vermieter“, betont Perl und rät zu Widerspruch. Perl sieht in Dessau noch ein anderes Problem.
Ursula Hesse ist für sie eine Verliererin des Stadtumbaus. Ihre ursprüngliche und günstigere Wohnung musste die 86-Jährige wegen eines Abrisses ihres Wohnblocks verlassen. Wie Hesse hätten sich in solchen Situationen viele Mieter umorientiert und den großen Wohnungsgesellschaften den Rücken gekehrt.
Die meisten bezahlen dafür mit hohen Mietnebenkosten. „Da bleiben oft nur juristische Schritte“, verdeutlicht Gabriele Perl. (mz)