Wo die Heidelbeeren stehen blieben
Dessau/MZ. - Und tatsächlich, die Heidelbeerschänke, die Dessauern lange Jahre als "Rieckchen" bekannt war, ist kaum wiederzuerkennen, ist ein gemütliches, rustikales, aber auch modernes Gartenlokal geworden. "Das ist hier keine Kneipe mehr", sagt der Neuwirt selbstbewusst, "die Heidelbeerschänke ist ein Restaurant". Ein Ausflug ist dabei wirklich empfehlenswert. Quer durch den Schillerpark, am Stadion der 05-Fußballer vorbei, liegt das Restaurant, das Grempel und seine Frau Kathrin mit einer Pauschalkraft seit dem 1. April betreiben.
Der 36-Jährige hat sich hier einen Lebenstraum erfüllt, der schon länger in ihm schlummerte, aber erst ans Tageslicht gelangte, als klar war, dass der Kleingartenverein Schillerpark für seine Gaststätte einen neuen Betreiber sucht. "Wir haben das wirklich ganz spontan entschieden, gar nicht lange überlegt und uns gesagt: Wir packen das", erinnert sich Grempel. Eine Bewerbung wurde abgegeben und der Vereinsvorstand entschied sich für das junge Paar. Dabei ist Grempel gar kein gelernter Gastronom. Rinderzüchter hat er irgendwann gelernt, später auf Industriekaufmann umgeschult. "Aber ich bin eben sehr flexibel". Und so landete der junge Mann nach einer kurzen Karriere als Trockenbauer in einem Imbiss, dort musste er kochen. "Das habe ich von meiner Mutter gelernt. Und dass das, was ich koche schmeckt, dass hatte sich wohl bis in den Schillerpark herumgesprochen".
Nun steht Grempel von Dienstag bis Sonntag in der Küche der Heidelbeerschänke. Als gutbürgerlich beschreibt er sein Repertoire: "Einfach richtig gutes Mittagessen. Etwas für die ganze Familie." Für den täglich frischen Kuchen ist seine Frau zuständig. Vierzig Gäste finden in der Gaststätte Platz, noch einmal soviel im gemütlichen Biergarten. "Natürlich ist das ziemlich stressig, uns ist auch klar, dass das erste Jahr schwierig wird und wir nicht gleich das große Geld verdienen". Trotzdem sind Guido und Kathrin Grempel froher Hoffnung: "Wir denken, dass wir uns hier einen Arbeitsplatz schaffen, an dem wir alt werden können."
Bleibt noch die Frage nach dem Namen. Denn nachdem der Vorbesitzer das "Rieckchen" mit in Pension genommen hatte, musste ein neuer her. "Da habe ich ein wenig in der Chronik gewühlt", erklärt Grempel: Heidelbeeren brachten die Arbeiter der Wagonbaufabrik von ihren Testfahrten in den Fläming mit. Während der oft langen Wartezeiten vor der Einfahrt auf das Firmengelände kehrten sie in das an der Bahnstrecke gelegene Lokal ein. Nach zahlreichen Bieren blieben die Heidelbeeren oft stehen und wurden dann von der Wirtin verkauft. "So wurde die Gaststätte nach und nach zur Heidelbeerschänke."