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Lektion für die Politik Wirtschaftsminister bekommt beim Besuch des Baustoffwerks Dessau reichlich Kritik zu hören

Das Baustoffwerk Dessau ist trotz Corona auf Wachstumskurs. Dennoch hat man mit Problemen zu kämpfen - besonders bei Aufträgen für Bund und Länder.

Von Danny Gitter 10.05.2021, 16:55
Der Wirtschaftsminister (links) im Baustoffwerk.
Der Wirtschaftsminister (links) im Baustoffwerk. (Foto: Thomas Ruttke)

Dessau - Regelmäßig fahren Lkw mit Bauschutt in der Industriestraße 4 vor. Das Baustoffwerk Dessau hat dort seinen Sitz. Aus dem angelieferten Schutt machen Brecher, Sieb- und Mischanlagen über 40 neue Endprodukte, die im Straßen- und Wegebau ebenso ihren Einsatz finden, wie auf Sportanlagen oder in Gebäuden.

Das Unternehmen ist gut im Geschäft. Deshalb versprach der Besuch des sachsen-anhaltischen Wirtschaftsministers Armin Willingmann (SPD) und des Dessau-Roßlauer SPD-Landtagsabgeordneten Holger Hövelmann am 6. Mai eher ein Heimspiel als ein Spießrutenlauf zu werden.

„Es gibt ja leider Wirtschaftsbereiche, wie die Gastronomie, einen Großteil des Einzelhandels und der Kultur, die wir komplett stilllegen mussten“, konstatierte der Minister. „Das scheint mir hier nicht der Fall zu sein“, stellte er nach einem ersten Eindruck, durchaus erleichtert, fest. „Wir sind bisher gut durch die Krise gekommen“, bestätigte der Geschäftsführer Rudolf Schäfer.

1990 gründete Rudolf Schäfer die Bau- und Haustechnik Bad Düben

Die Wachstumsstory konnte auch Corona nicht bremsen. 1990 gründete Schäfer die Bau- und Haustechnik Bad Düben. Zahlreiche Hoch- und Tiefbauprojekte hat das Unternehmen seit seiner Gründung realisiert, vor allem in Mitteldeutschland. Sieben Jahre später erweiterte Schäfer sein Geschäftsfeld mit Betonrecycling. Die Beton- und Recycling GmbH Bad Düben wurde 1997 gegründet.

Von Bad Düben aus expandierte der Recyclingbetrieb nach Rodleben, Köthen und schließlich nach Dessau. Dort übernahm der Bad Dübener Unternehmer 2017 das ehemalige Betriebsgelände eines Dessauer Abbruch- und Recyclingunternehmens, kaufte die angrenzenden Grundstücke noch hinzu und sanierte das Gelände für drei Millionen Euro im laufenden Betrieb.

Im April vorigen Jahres waren die Arbeiten abgeschlossen. Auf rund 45.000?Quadratmetern wird angelieferter Bauschutt zu wiederverwertbaren Materialien aufbereitet. Sieben Mitarbeiter verarbeiten bis zu 40.000 Tonnen jährlich. „Wir wollen unseren Personalstamm gerne erweitern. Wir haben vor, die Kapazitäten am Dessauer Standort zu verdoppeln“, so Schäfer.

Insgesamt beschäftigt der Bad Dübener an allen Standorten über 400 Mitarbeiter

Insgesamt beschäftigt der Bad Dübener an allen Standorten über 400 Mitarbeiter. Doch eine gemütliche Kaffeerunde mit anschließendem lockeren Rundgang über das Firmengelände sollte der Besuch für den Minister trotzdem nicht werden. Es gibt auch viel, worüber der Unternehmer sich ärgert.

„In der ersten Welle waren gerade die öffentlichen Auftraggeber sehr bemüht, noch ausstehende Zahlungen so schnell wie möglich zu erledigen. Das lässt immer mehr nach“, stellte Schäfer ernüchtert fest. Wenn Rechnungen allerdings nicht rechtzeitig beglichen werden, bringt das den Unternehmer in Bezug auf die Liquidität in Schwierigkeiten. „Wir müssen schließlich auch unsere Verbindlichkeiten fristgerecht begleichen“, so der Geschäftsführer.

Ausdrücklich lobt er in dieser Hinsicht die öffentlichen Auftraggeber aus der Region, wie die Dekita, den stadteigenen Hort- und Kindergartenbetreiber. Wenig Lob hat er dagegen für andere Landes- und Bundesgesellschaften übrig.

„Wer einmal unsere Produkte verwendete, kommt in der Regel wieder“

„Wenn der Gesetzgeber die Verwendung von aufbereiteten Materialien bei Bauvorhaben zulässt und Liegenschaftsbehörden bei ihren Ausschreibungen diesen Einsatz aber von vornherein ausschließen, ist das nicht nachzuvollziehen“, so Schäfer. Konkret benennt er das Vorhaben eines militärischen Forstweges in Brandenburg. Die zuständige Behörde verweigerte Bewerbungen auf die öffentliche Ausschreibung zuzulassen, die in ihren Angeboten auf aufbereitete Baumaterialien setzen. „Es wird zwar viel von Klimaschutz gesprochen. Aber gerade die öffentliche Hand ist gegenüber unseren Produkten zum Teil sehr skeptisch eingestellt“, schildert Schäfer.

Dabei können beim Recycling von Bauschutt laut Angaben von Schäfer bis zu 95 Prozent des Materials wiederverwendet werden. Ohne Recycling würde der Schutt auf Deponien landen. Der Unternehmer stellt aber zunehmendes Vertrauen bei der Verwendung von aufbereiteten Baumaterialien fest. „Wer einmal unsere Produkte verwendete, kommt in der Regel wieder“, so Schäfer. Er will auch die Forschung vorantreiben, um die Endprodukte noch besser zu machen. „In dieser Hinsicht können wir mit Förderung möglicherweise unterstützen“, so der Wirtschaftsminister, der das Unternehmen auf einem guten Weg, auch nach Corona sieht. (mz)