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"Wildwest" in Oberbreite? "Wildwest" in Dessauer Oberbreite?: Gartenpächter moniert unhaltbare Zustände - zu Recht?

Von Danny Gitter 27.03.2018, 13:57
Der Eingang zur Gartensparte „Oberbreite“.
Der Eingang zur Gartensparte „Oberbreite“. Lutz Sebastian

Dessau - Schon bevor in diesen Tagen die Gaststätte des Kleingartenvereins „Oberbreite“ nach einem Pächterwechsel offiziell wiedereröffnet wurde, hat sich in der Anlage in Nachbarschaft des Wohngebiets Schaftrift ein Streit darüber entfacht.

„Es war einmal eine Kleingartenanlage mit Vereinsheim. Jetzt wird es anscheinend eine Eventgaststätte mit Hinterland“, überschrieb Norbert Jünemann einen Leserbrief an die Mitteldeutsche Zeitung. Der langjährige Pächter von zwei Gärten in der Anlage moniert, nicht ausreichend informiert worden zu sein, hinsichtlich des Umbaus des Gaststättengebäudes.

Nachdem der alte Pächter zum 1. Januar dieses Jahres nach über 30 Jahren auszog, mieteten sich eine neue Pächterin, die das Gartenlokal mit einem Angestellten weiter betreibt, und das Kochatelier von Marco Günther dort ein. Vor der Wiederinbetriebnahme brauchte das Gaststättengebäude eine Überholung. Die neuen Pächter legten mit rund einem Dutzend ehrenamtlichen Helfern Hand an. „Nie habe ich dort ein Baustellenschild gesehen“, beschwert sich Jünemann. Er vermutet gar ungenehmigte Bautätigkeiten.

Mitgliederversammlung hatte die Kleingärtner über die anstehenden Arbeien vorab informiert

„Alles Quatsch“, schüttelt Rainer Aderhold den Kopf. Der Ruheständler ist seit sieben Jahren der Vorsitzende des Kleingartenvereins. „Wir haben bei einer Mitgliederversammlung im Herbst über den Pächterwechsel informiert. Herr Jünemann, der nicht anwesend war, hätte sich jederzeit an die Mitglieder des Vorstands wenden können, um zu erfahren, was mit dem Gebäude passiert“, sagt der Vereinsvorsitzende.

Aderhold betont, dass es während der zweimonatigen Arbeiten kein Baustellenschild brauchte, weil nicht umgebaut, sondern lediglich renoviert wurde. „Es wurde nichts an der Bausubstanz verändert. Schadstellen wurden geflickt und die Wände gestrichen“, schildert Aderhold.

Norbert Jünemann hat noch weitere Ungereimtheiten in der Anlage zu beanstanden

Die Liste der Ungereimtheiten in der Anlage mit ihren insgesamt 375 Gärten im Dessauer Westen, ist für Jünemann lang. Ausgesonderte Pkw auf Gartengrundstücken, nur Pflaster und Rasen in einigen Parzellen, was der Drittelregelung des Bundeskleingartengesetzes widerspricht, und die ganzjährige Bewohnung von Lauben beanstandet der Gartenpächter.

„Ich grüße aus dem Garten Eden oder doch besser aus dem Wilden Westen Dessaus“, fühlt sich Jünemann mit seiner Kritik vom Gartenvorstand nicht erhört. Er behauptet, dass er bezüglich seiner wahrgenommenen Mängel den Vorstand des Kleingartenvereins informierte, aber nie eine Reaktion bekam.

„Uns liegen keine Beschwerden vor, sonst hätten wir darauf längst reagiert“, wehrt sich Aderhold. Zum Teil kann er die aufgelisteten Mängel nachvollziehen und bestätigen. „Es gab in der Vergangenheit zwei Vorfälle, wo ausgesonderte Pkw auf Gartengrundstücken standen. Nachdem es entdeckt wurde, haben wir sofort die Polizei und den Stadtordnungsdienst verständigt und alles entsprechend beräumen lassen“, erzählt Aderhold.

24 Pächter besitzen Wohneigentum, acht weitere haben ein Auswohnrecht in der Gartenanlage

Auch vereinzelte Pächter, die nicht mindestens ein Drittel ihres Gartens laut Bundeskleingartengesetz als Anbaufläche bewirtschaften, räumt Aderhold ein. „Wir sind mit den Pächtern im Gespräch, um das langfristig zu ändern“, versichert der Vorsitzende.

Im Bezug auf die ganzjährige Bewohnung von Lauben, verweist Aderhold auf eine Besonderheit in der Oberbreite. 24 Pächter besitzen dort Wohneigentum, acht weitere haben ein sogenanntes Auswohnrecht. Im Todesfall erlischt die Sondergenehmigung, die Laube dort ganzjährig zu bewohnen. Illegales Wohnen kann Aderhold dagegen nicht feststellen. „Unser Vorstand kontrolliert regelmäßig, dass das nicht geschieht“, so der Vorsitzende.

„Wir haben bisher keine Beanstandungen über die Vorstandsarbeit in der Oberbreite mitbekommen“, sagt Joachim Ullrich, der Geschäftsführer des Stadtverbands der Gartenfreunde. Zudem kontrolliert der Stadtverband als übergeordnete Instanz jeden seiner Mitgliedsvereine durch Kontrollbegehungen im zweijährigen Turnus. In diesem Jahr steht auch die Oberbreite wieder auf dem Plan. Einen Wilden Westen im Dessauer Westen erwartet Ullrich nicht. (mz)