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Arbeit in der Natur Wie Antje Kropf von der Geografie-Studentin zur Dessauer Obstbaumflüsterin wurde

Antje Kropf kennt die Geheimnisse der Baumpflege. Wie aus einem Youtube-Malheur ein professioneller Nebenberuf wurde.

Von Danny Gitter 20.03.2022, 14:00
Antje Kropf ist beim Obstbaumschnitt am Georgium in ihrem Element.
Antje Kropf ist beim Obstbaumschnitt am Georgium in ihrem Element. (Foto: Danny Gitter)

Dessau/MZ - Es sah nach Arbeit aus am vergangenen Sonntag rund um das Georgium. Auf einer Streuobstwiese zwischen dem Schloss Georgium und dem Fremdenhaus legten zwölf Freiwillige beim Obstbaumschnitt-Seminar unter der Leitung von Antje Kropf Hand an den rund 70 Bäumen verschiedener Obstsorten an. Das letzte Mal wurden sie 2018 verschnitten.

Da war es jetzt nach vier Jahren mal wieder Zeit. „Das ist wichtig, um die Bäume über Generationen zu erhalten. Mit dem Schnitt geben wir ihnen das Gerüst, um sich kontinuierlich zu entwickeln“, sagt Kropf. Würde man die Bäume sich selbst überlassen, hätten sie höchstwahrscheinlich ein kurzes Leben, mit reichlich Obst das eine Jahr, weniger Ertrag im nächsten und dann mit immer kleineren Früchten. Am Ende stünde ein Baum ohne klare Strukturen.

1995 wurde die Streuobstwiese am Georgium angelegt

Doch die braucht es eben, wenn sich auch noch die nächste und übernächste Generation an möglichst reicher Ernte erfreuen soll. 1995 wurde die Streuobstwiese am Georgium angelegt, um der Historie des Gartenreichs, mit seiner vielfältigen Tradition in dieser Hinsicht, gerecht zu werden. „Unter Fürst Franz war Obstbaumschnitt sogar ein Schulfach“, weiß Kropf zu berichten. Sie ist auch in seinem Sinne im Hier und Jetzt eine gute Lehrerin.

An der Universität Greifswald hat die Erzgebirglerin einst Schwedisch und Geografie auf Lehramt studiert. Arbeiten wollte sie aber in dem Beruf nicht. Eine Ausbildung im Archiv- und Bibliothekswesen wurde draufgesattelt. Seit 2016 lebt Kropf in Dessau-Roßlau und arbeitet in der Bibliothek des Umweltbundesamtes. Dann begann sie 2019 noch eine einjährige Ausbildung zur Obstbaumwartin und schloss diese im Frühjahr 2020 mit Auszeichnung ab. Seit rund zwei Jahren ist das ihr Nebenberuf. Weit über 100 Obstbäume hat die 33-Jährige seitdem in der Region schon gepflegt und verschnitten. Auch in einigen Kursen hat Kropf ihr Wissen schon weitergegeben. „Das ist ein idealer Ausgleich zu meinem Hauptberuf, wo ich ja viel am Schreibtisch sitze“, erzählt sie.

Mit Youtube-Videos zum Obstbaumschnitt fühlte sie sich gewappnet - und scheiterte

Ein bisschen war der Weg dahin schon in der Kindheit angelegt. „Meine Großeltern hatten einen schönen Garten mit prächtigen Obstbäumen“, erzählt Kropf. Es war für sie so etwas wie eine Wohlfühloase. Die wollte sie sich auch in Dessau-Roßlau schaffen, als sie hier vor einigen Jahren einen Garten mit vier Obstbäumen übernahm.

Mit Youtube-Videos zum Obstbaumschnitt fühlte sie sich gewappnet. „Einem Apfelbaum bekam das gar nicht. Die anderen wollte ich durch eine unprofessionelle Herangehensweise nicht auch noch zerstören“, erzählt Kropf. Also entschloss sie sich zur Ausbildung zur Obstbaumwartin. Das hat nicht nur den Bäumen in ihrem Garten geholfen. Durch die Weitergabe ihres Wissens will sie auch vielen anderen Gärtnern helfen, ihre Obstbäume möglichst lange zu erhalten.

„Ich bemerke da bei uns in der Stadt und Umgebung einen Generationswechsel“

„Ich bemerke da bei uns in der Stadt und Umgebung einen Generationswechsel“, erzählt die Obstbaumwartin. „Immer mehr junge Menschen übernehmen einen Garten mit alten Obstbäumen und können nicht mehr nach der richtigen Pflege fragen, weil etwa der Onkel, der das immer machte, nicht mehr lebt.“ Diese Lücke möchte Kropf füllen, weil sie merkt, dass das Bewusstsein für Natur vor der eigenen Haustür bei jungen Menschen stark ausgeprägt ist.

Man kann beim Obstbaumschnitt so einiges falsch machen, indem man etwa alte Bäume zu viel und junge Bäume zu wenig verschneidet. „Ein junger Baum kann ruhig aussehen wie ein gerupftes Huhn“, konstatiert die Obstbaumwartin, für die sich jetzt auch ein Kreis schließt. Durch die Vermittlung ihres Wissens beim Obstbaumschnitt hat sie doch noch einen Weg zum Lehrberuf gefunden, wenn auch anders als ursprünglich geplant.