Weiterbildung trotz der Krise
DESSAU-ROSSLAU/MZ. - Klar ist nur, dass die weltweite Wirtschaftskrise längst in Anhalt angekommen ist.
"3 000 Arbeitsplätze werden derzeit in der Region durch Kurzarbeit gesichert", schätzt Petra Bratzke, die Chefin der Arbeitsagentur Dessau-Roßlau. Die Tendenz ist noch immer steigend. Doch nur 120 Arbeitnehmer aus 29 Unternehmen haben die Chance ergriffen, die Zeit der Kurzarbeit zur Qualifizierung zu nutzen. "Wir glauben aber", sagt Pressesprecherin Ramm, "dass sich die Nachfrage in den nächsten Wochen und Monaten erhöhen wird." Verantwortlich dafür ist das im Januar 2009 beschlossene Konjunkturpaket II: "Die Arbeitsagentur", zählt Ramm auf, "übernimmt seither 100 Prozent der Sozialabgaben der Weiterbildungsteilnehmer und natürlich die Kosten für den Lehrgang."
Die Stromag Dessau GmbH profitiert als eine der ersten Firma davon. Mit 120 Beschäftigten und elf Auszubildenden entwickelt und produziert die in Waldersee ansässige Firma elektromagnetisch schaltbare Kupplungen und Bremsen, die in fast allen Industriezweigen zum Einsatz kommen. Das ursprüngliche Zweigwerk des Elektromotorenwerkes Dessau wurde 1957 gegründet und 1993 durch die Stromag AG aus Unna als Tochterunternehmen übernommen. Im Laufe der Jahre meldete die Stromag mehr als 400 Schutzrechte an und besitzt nun über vierzig gültige Patente.
Trotzdem spürt auch die Stromag GmbH die Krise. Wie bei vielen anderen Firmen in der Metall- und Elektrobranche hat sich die Auftragslage in den letzten Monaten so verschlechtert, dass von Drei- auf Ein- und Zweischichtarbeit verkürzt werden musste und tageweise auch Kurzarbeit ansteht.
Stromag-Prokurist Lothar Hechler und Stromag-Geschäftsführer Siegfried Knappe haben deshalb schon frühzeitig Ideen entwickelt, um die Zeit der Kurzarbeit sinnvoll zu nutzen. "Weiterbildung während der Kurzarbeit", sagt Knappe, "bringt künftig Wettbewerbsvorteile und erhöht unsere Innovationskraft."
Im Januar schon suchte die Stromag das Gespräch mit der Agentur für Arbeit Dessau - und landete am Ende beim IHK-Bildungszentrum in der Langen Gasse. Mit Erfolg: 20 Stromag-Mitarbeiter vertiefen dort seit einigen Wochen ihre Softwarekenntnisse und nutzen dafür elf Kurzarbeitstage. Gelernt wird in zwei Gruppen und an verschiedenen Tagen, damit sich die Mitarbeiter gegenseitig vertreten können und die Firma arbeitsfähig bleibt. Außerdem lässt die Stromag gewerbliche Mitarbeiter bei einer Leipziger Bildungsgesellschaft im CNC-Bereich qualifizieren. Intern gibt zudem ein Ingenieur sein Wissen an die Kollegen weiter.
"Bei der Planung der Weiterbildung konnten wir die Angebote der Kammertochter inhaltlich und terminlich ganz an unsere betrieblichen Belange anpassen", lobt Knappe die gute Zusammenarbeit. Silke Ziegler-Pierce, für die PR des IHK Bildungszentrums verantwortlich, hört das gern.
Renée Ramm freut sich über das positive Beispiel. "Bislang gab es ja oft Ausreden, warum es mit der Weiterbildung nicht klappt. Die sind jetzt ausgeräumt", sagt die Pressesprecherin - und ermuntert Firmen, den Kontakt zur Arbeitsagentur zu suchen. "Die Qualifizierung liegt uns sehr am Herzen. Geld dafür ist ausreichend da."