Vorhang auf für Raumbühne Vorhang auf für Raumbühne: Anhaltisches Theater Dessau hat seinen Spielplan radikal umgebaut

Dessau - Ungewöhnlich - weil vorfristig - endete die 225. Spielzeit am Anhaltischen Theater. Ungewöhnlich auch ist der Beginn der 226. Spielzeit im September. Große Oper, groß besetzte Konzerte, riesige Scharen von Schulkindern im Weihnachtsmärchen - all das bleibt unter Corona-Bedingungen vorerst verwehrt. Auch die Bühnen im Alten Theater bleiben verwaist. Der Spielplan musste radikal umgebaut werden. Doch es geht weiter. Mit einer Vielzahl von Produktionen und Konzerten. Ab September wird wieder Theater gemacht.
„Die Raumbühne ermöglicht uns das Spielen aller Sparten“, sagte Theater-Intendant Johannes Weigand bei der Vorstellung der „ersten Spielzeithälfte der neuen Spielzeit“. Diese Raumbühne wurde im vergangenen Jahr zum Bauhaus-Jubiläum mit Unterstützung von Stadt und Land installiert. „Hier kann das Theater sicher mindestens 100 Personen je Vorstellung begrüßen, mehr als derzeit im Saal des Großen Hauses denkbar sind.“
„Es gibt neue Dinge und Klänge zu entdecken“
Dass das Publikum wieder im Saal sitzen kann, davon gehen Weigand und Theater-Verwaltungsleiter Lutz Wengler ab dem Jahreswechsel aus. Bis Weihnachten aber wird das Theater das Publikum auf der Raumbühne begrüßen. Das Programm dafür wurde extra angepasst, die Aufführungen auf etwa eine Stunde begrenzt. Dennoch: „Es hat enormen Erlebnischarakter, was wir ab September bieten. Es wäre blöd, diese Zeit zu verpassen“, wirbt Schauspieldirektor Alexander Kohlmann, der hier eine „Riesen-Chance“ sieht, das Theater ganz neu zu erleben.
Auch Generalmusikdirektor Markus Frank sagt, das Publikum wird viel dichter dran sein, „es gibt neue Dinge und Klänge zu entdecken“. Die Musiker könnten Stücke spielen, die sonst nie im Sinfoniekonzert zur Aufführung kämen - aufgrund der kleinen Besetzung. „Wir sind dankbar für die Möglichkeit“, sagt Frank, denn ab September wird auch für die Orchestermusiker endlich eine sehr schwierige Zeit zu Ende gehen. Niemand habe zuvor eine so lange Zeit am Stück erlebt, an dem er keine professionelle Musik machen konnte.
Freilich, die zahlreichen Künstler des Theaters waren nicht untätig in den letzten Wochen und Monaten. 100.000 Aufrufe hatte der Youtube-Kanal des Theaters in den letzten 90 Tagen. „Sonst haben wir 110.000 Aufrufe im Jahr“, vergleicht Intendant Weigand.
Am 4. September erfolgt der Auftakt mit Open Air im Tierpark
Das Dekameron wurde gelesen, Philharmoniker musizierten. Sie hatten verschiedene private Initiativen gestartet, wie die 1:1-Konzerte, die es auch mit Beginn der neuen Spielzeit weiter geben wird, dann aber werden sie vom Anhaltischen Theater weitergeführt. - Doch wieder im Theater zu sein, vor Publikum auftreten zu können, ein gemeinsames Erlebnis zu ermöglichen - das habe allen sehr gefehlt.
Nun geht es wieder los. Am 4. September erfolgt der Auftakt mit Open Air - nicht vorm Theater, sondern vorm Mausoleum im Tierpark. Voraussichtlich ab Juli werden - sobald alle Genehmigungen vorliegen - die Karten für den Auftakt verkauft. Anfang September soll der Verkauf für die Raumbühne in den Verkauf gehen. Bis dahin soll auch eine „Spiel-Zeitung“ herausgegeben werden, in der das gesamte Programm vorgestellt wird.
Auf der Raumbühne ihre Premiere feiern „Magelone“ (Hörbuch live) am 20. September, „Die menschliche Stimme “ (Musikalische Tragödie in einem Akt) am 24. September, „Effi Briest“ (Puppenspiel) am 25. September, „Mission Mars“ (Schauspiel) am 2. Oktober, „Ba-ta-clan“ (Musikalische Chinoiserie in einem Akt) am 16. Oktober, „Die Eumeniden“ (Tragödie) am 30. Oktober, „Orpheus“ (Opernprojekt) am 13. November, „Nachts im Ozean“ (Schauspiel) am 26. November sowie „Pinocchio“ (Puppenspiel) am 6. Dezember.
„Anhaltisches Theater unterwegs“ heißt es mit folgenden Angeboten: „Führ mich ans Licht“ (Klassenzimmerstück - Angebot für Schulen in Dessau-Roßlau; Premiere am 17. September), „Toccata“ (Tanzabend, Appia Stage im Bauhaus Museum; Premiere am 24. Oktober), „homo habitat“ (Schauspiel/Performance im Bauhaus Dessau; Premiere am 4. Dezember), Theater-Lieferdienst für Schulen in Dessau-Roßlau („Bei Anruf; Kunst in die Klasse!“) ab September 2020.
Die Anhaltische Philharmonie Dessau lädt zu fünf Sinfoniettas (18. und 20. September, 9. und 11. Oktober, 23. und 25. Oktober, 6. und 8. November, 27. und 29. November) und die „Weihnachtliche Stunde“ ein. Premiere feiert diese am 11. Dezember. Außerdem finden ab September 2020 „1:1 Concerts“ im Rangfoyer des Anhaltischen Theaters und anderswo statt.
Robert Reck lobt Spielplan bis zum Jahresende
Sollte es in der Corona-Lage Lockerungen geben, so Intendant Weigand, könnte die Zuschauerzahl für die Raumbühne gegebenenfalls erhöht werden. Gehofft wird zudem, das die gegenwärtig geltenden, sehr rigiden Hygienebestimmungen etwa fürs Ballett oder den Chor gelockert werden.
Den Spielplan bis zum Jahresende lobte Kulturdezernent Robert Reck: „Das Programm kann sich sehen lassen.“ Der normale, also ursprüngliche Spielplanbetrieb, so die Hoffnung, soll dann ab Januar starten. (mz)

