Von Zetteln zum Büchlein Von Zetteln zum Büchlein: Dessauer Schauspieler hat sich einen Lebenstraum erfüllt

Dessau - Szene einer Ehe: Sie kuschelt sich abends im Bett an ihn und fragt, in welchem spannenden Buch er da so müßig blättert. Er will den Vorleser geben und bestimmt: „Liebling, nenne mir eine Zahl zwischen Eins und 660.“
Lässt sich erahnen, was passiert, wenn der Herr des Hauses etwa Heinrich Zille („Wenn die Frauen verblühen, verduften die Männer.“) oder Marie von Ebner-Eschenbach („Es gibt immer mehr naive Männer als naive Frauen.“) zitiert hat? Hans-Jürgen Müller-Hohensee wagt eine Vermutung: „Entweder folgen sehr erfreuliche Dinge - oder der Abend ist gelaufen.“
Der Dessauer muss es wissen. Er hat 660 Sentenzen ab Ende der 1970er Jahre zusammengetragen. Und nun in einem handlichen Büchlein veröffentlicht. „Hansis kleine Sprüchesammlung“ heißt das Werk, das Müller-Hohensee herausgebracht hat. Allerdings nicht im Alleingang, sondern gemeinsam mit Antje Meeser. „Sie half mir, meinen Traum zu erfüllen“, gesteht der Mann, der vielen noch als Schauspieler und Regisseur am Anhaltischen Theater in Erinnerung sein dürfte.
„Am grausamsten war das Korrekturlesen“
„Sie hat mich auch dann immer wieder angespornt, als ich fast verzweifelte. Am grausamsten war das Korrekturlesen“, wirft Müller-Hohensee einen Blick auf die peinigenden Momente kreativen Schaffens. „Und ich wollte am Anfang eigentlich mit seiner Unterstützung mehr über seinen Kollegen Alfred Struwe erfahren“, berichtet Antje Meeser über den ersten Kontakt, denn Struwe und Müller-Hohensee hatten in der TV-Serie „Archiv des Todes“ (1978-1980) Rollen übernommen.
Weil jedoch im ursprünglich der Recherche dienenden Gespräch schnell Meesers Schreibwerkstatt ein Thema wurde, kamen die gebürtige Greifswalderin und der Mann aus Anhalt überein, die Zettelwirtschaft - vorsortiert in den Abteilungen Frauen, Liebe, Heirat, Ehe, Männer und in einer stabilen Gurkenkiste verstaut - in ein Buch zu verwandeln.
Die Metamorphose ist gelungen. Zumal Müller-Hohensee dem Kompendium eigene Collagen, in die er kunstfertig neben historischen Zeitungsausschnitten ganz persönliche Familienfotos einbaute, hinzugefügt hat.
Corona habe einen an der Theaterkasse geplanten Verkauf verhindert
Das macht die Mischung zu einem hübschen Mitbringsel. „Gut 50 Exemplare sind noch vorrätig“, macht Antje Meeser all jenen Hoffnung, die fix eine Bestellung aufgeben. Und auch Nachzügler müssten sich nicht grämen. „Ein Nachdruck ist jederzeit möglich“, sagt die Frau aus Grimmen (Mecklenburg-Vorpommern), die überhaupt nicht unzufrieden mit der Nachfrage ist. Corona habe ja einen an der Theaterkasse geplanten Verkauf verhindert.
„Besondere Favoriten unter den Sprüchen habe ich nicht. Aber das Kurze und Knackige liegt mir. Gerne je böser desto besser“, verrät Hans-Jürgen Müller-Hohensee. Kürzlich seinen 71. Geburtstag feiernd, sitzt ihm der Schalk nach wie vor im Nacken. „Ja, ich bin jetzt laut Ausweis 71.
Gut vorstellen kann sich Müller-Hohensee eine Publikation mit alten und neuen Theater-Anekdoten
Aber nach dem Aufstehen am Morgen fühle ich mich wie 90. Das dauert einen Moment. Danach benehme ich mich wie ein Zehnjähriger“, gibt der gebürtige Dresdner preis, der in seiner 41-jährigen Theaterkarriere in mehr als 150 Rollen auf der Bühne stand und in 36 Inszenierungen Regie führte.
Böte das nicht ausreichend Stoff für lebenspralle Memoiren? Da winkt der Mime ab. Er wisse nicht, ob die Biografie ohne eine Altersfreigabe auskommen würde, merkt er schmunzelnd an. Einen Platz in seinem Hinterkopf nimmt ein anderes Projekt ein.
Ganz gut vorstellen kann sich Müller-Hohensee nämlich eine Publikation mit alten und neuen Theater-Anekdoten. Ergänzt um kleine Gedichte und Sprüche von den Brettern, die die Welt bedeuten. Antje Meeser wäre auf jeden Fall wieder mit im Boot.
Das Buch „Hansis kleine Sprüchesammlung“ (zehn Euro) kann versandkostenfrei bestellt werden bei Antjes mobiler Schreibwerkstatt: Tel. 0176/63469438, E-Mail [email protected]