Von Fichtennadeln im Likör und Zwiebeln in der Marmelade
DESSAU/MZ. - Omas und eigene Rezepte
"Schon seit vielen Jahren stellen wir selbst Liköre, Gelees und Konfitüren her", erzählt die Hinsdorferin Bollmann. Und an dieser Leidenschaft nicht nur die Familie, Freunde und Bekannte teilhaben zu lassen, sondern auch andere auf den Geschmack zu bringen, war quasi die Geschäftsidee. Zuerst nebenberuflich. "Aber das ging nicht. Ich hatte einfach zu wenig Zeit, um die Früchte zu sammeln, zu verarbeiten, zu verkaufen." Also hat sich die ehemalige Sekretärin vor zwei Jahren gegen ihren Beruf am Schreibtisch entschieden. "Hier nämlich kann ich viel kreativer sein", erzählt sie von ihrer neuen Existenz, der Likör und Co. Manufaktur. Im Jahr darauf kam ihre Freundin Elke Janßen dazu. Seit Mai diesen Jahres sind beide im "wip" Alter Schlachthof zu finden.
"Nach Möglichkeit wird alles selbst gesammelt", erzählt Elke Bollmann, "es wird viel ausprobiert, in alten Büchern gelesen. Wir lassen uns inspirieren." Sie ist im Duo diejenige, die sich auf die Liköre spezialisiert hat. Ob Wodka, Grappa, Weinbrand oder Rum - die Hochprozentigen werden veredelt. Mit Früchten, Blättern, Blüten, Nadeln - und Gewürzen sowie Zucker. Doch mehr verrät Birgit Bollmann nicht. Philosophie sei es sowieso, alles zu kosten. Das kann man im Laden ebenso wie auf Märkten. Auf dem Bio- und Regionalmarkt auf dem Lidice-Platz sind die Geschäftspartnerinnen regelmäßig, waren beim Martinsmarkt in der Wagner-Passage mit dabei und veranstalten auch Probierpartys.
Und dabei staunt so mancher und fragt: "Ist das nicht giftig?" Akazie zum Beispiel wird im Leckerland zu Likör und Gelee verarbeitet. Bollmann, die aus Mecklenburg stammt, staunt, wie viele Akazienbäume es hier in der Gegend gibt. In ihrer früheren Heimat gibt es die Bäume nur in Gutshäusern und Parks. Es sei doch schade um die köstlichen Blüten, würden sie nicht verarbeitet. Nicht alles an einem Baum oder Strauch sei giftig, beruhigt sie. Und dass bisher etwas ungenießbar aus ihrem "Leckerland" war, schütteln beide den Kopf und lachen, das ist nun wirklich noch nie vorgekommen. Aber freilich streiten sich die Geister. Wie beim Fichtennadellikör - "entweder man liebt ihn, oder nicht". Als nächstes will Birgit Bollmann eine andere Waldfrucht ins Likörglas bringen: Kiefernzapfen.
Genauso experimentierfreudig ist Elke Janßen bei Marmeladen, Gelees und Chutneys. Die sind zuckersüß oder auch herzhaft. Zwiebel oder Möhren als Marmelade? Es gibt scheinbar auch hier nichts, was es nichts gibt.
Hergestellt werden von den Frauen jeweils kleine Chargen. "Doch zeitnah wird nachproduziert, je nachdem, was gerade gefragt ist", so die 38-jährige Janßen. Dass zur Erntezeit die Vorratskammern und Tiefkühltruhe gefüllt werden, hilft dabei. Und je nach Jahreszeit fällt auch ein anderer Arbeitsaufwand an. "Vor ein paar Wochen bekamen wir ein paar Zentner Äpfel, da war natürlich Hochkonjunktur." Für eine Kirchengemeinde im Harz wurde ein großer Auftrag abgearbeitet.
Gutes tun mit Leckerem
Die Ideen, versichern beide, gehen ihnen noch lange nicht aus. Kandidierte Blüten zum Beispiel soll es im nächsten Jahr geben. "Und manchmal kommen uns Ideen, wenn wir unterwegs sind." Man darf also gespannt sein.
Und gespannt sein dürfen auch die Käufer des Dessau-Roßlauer Adventskalenders 2008. Mit einem Produktekorb im Wert von 150 Euro unterstützt das "Leckerland Hinsdorf" das Projekt von Soroptimist International Dessau-Wörlitz i.G.. Der Reinerlös aus der Adventskalender-Aktion ist in diesem Jahr bestimmt für die "Kleine Arche".