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Von Augsburg über Fulda nach Bernburg

Von Paul Spengler 05.11.2004, 14:14

Bernburg/MZ. - Werner Merkle scheint schon ein besonders vielseitig interessierter Mensch zu sein. Bei den Ökotrophologen im "grünen Bereich" der Hochschule Anhalt (FH) ist der 55-Jährige für die so genannte Beratungslehre zuständig. Sein Alter Ego lebt der Hochschullehrer aber auch noch beim Schreiben und Inszenieren von Theaterstücken aus.

Exakte Wissenschaftsbeschreibung und spannende Vermittlung schließen sich nach dieser Lebensauffassung nicht aus. "Wenn Leute nach einer Vorlesung weniger ermüdet sind als vorher, dann bin ich mit mir zufrieden", sagt der psychologisch geschulte Professor.

Was macht nun ein Professor für Beratungslehre? Im Grunde genommen soll er anderen beibringen, sich realistische eigene Ziele zu stecken, ohne sich von fremden Erwartungen unter Druck setzen zu lassen. Wenn also jemand sein Gewicht reduzieren möchte, dann sollte er darauf achten, einen Rhythmus zu finden, der einem selbst gut tut, anstatt zur Radikalkur zu greifen. "Man kann nicht alle über einen Kamm scheren", weiß Merkle.

Nachdem er bereits in Volkswirtschaft über ein Thema der "Dritten Welt" promoviert hatte, war der in Augsburg aufgewachsene Merkle zunächst in der Verbraucherberatung tätig, bevor er 1986 Professor an der Fachhochschule in Fulda wurde. Die deutsche Einheit brachte die Chance, ab 1990 in Leipzig ein Zweitstudium in Psychologie anzuhängen. "Damals war ich immerhin schon 40", erinnert sich der zweifache Familienvater, der von sich selbst sagt, dass er "Dinge gerne zu Ende bringt". Inzwischen hat er auch dort promoviert.

Für Werner Merkle war das Psychologiestudium ein lange gehegter Wunsch, denn schon in den 70er Jahren konnte der Augsburger bei dem Individualpsychologen Josef Rattner in Berlin als wissenschaftlicher Mitarbeiter Erfahrungen sammeln. "Von ihm habe ich viel gelernt", sagt der Professor der Hochschule Anhalt über den inzwischen 75-jährigen Psychologen. Merkle hat sich vorgenommen, seine Studenten vor allem zur eigenen Urteilsbildung zu ermuntern. "Sie sollen selbst Position beziehen", fordert er. Wenn dazu das Erarbeiten eines Theaterstücks beitragen kann - umso besser.

Beim diesjährigen Klosterfest und der Immatrikulationsfeier zum Wintersemester kam das Stück "Alles oder nichts" auf die Bühne. Die Dialoge werfen mehr Fragen auf als sie Antworten geben. Ein Optimist und ein Pessimist durchforsten das Leben, um ihre Ziele zu finden - von der Liebe über das Essen bis zu Religion und Reisen. Die Figuren Klugheit, Weisheit und Zeitgeist begleiten das Geschehen.

Werner Merkle freut sich, wenn er andere zum Nachdenken bringen kann, ob in der Hochschule oder auf der Bühne. Dass es dabei nicht immer um Spaß geht, stellt er ebenso klar. "Meine Lehrveranstaltungen sind eher klassisch", betont der 55-Jährige.