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Überfall-Serie auf Supermärkte Überfall-Serie auf Supermärkte in Dessau und Aken: Beschuldigte packt zum Vorgehen der Räuberbande aus

Von Thomas Steinberg 17.06.2020, 14:13
Der Prozess gegen die Bande läuft seit Januar vor dem Landgericht.
Der Prozess gegen die Bande läuft seit Januar vor dem Landgericht. Ruttke

Dessau - Für den Ermittler war es ein persönlicher Affront. Eben noch hatte er Jeanette D. (Name geändert) vernommen. Die junge Frau war Azubi in einem Akener Supermarkt. Knapp drei Wochen zuvor - am 1. Dezember 2018 - war dieser überfallen worden und obwohl D. von der Tat nicht viel mitbekommen hatte, stand sie am Rande des Nervenzusammenbruchs.

D. sitzt seit einigen Monaten auf der Anklagebank im Landgericht Dessau, wo gegen sie und weitere junge Leute wegen zahlloser Überfälle vorwiegend auf Supermärkte in der Region verhandelt wird. Das Schema war immer gleich: kurz vor Schließung stürmten ein, zwei oder drei Täter in den Laden, hebelten in Sekunden die Geldlade aus einer Kasse und verschwanden - oft in einem von D. gesteuerten Corsa.

Bei ihrer Zeugenvernehmung kamen dem Ermittler Zweifel. D. wollte den mutmaßlichen Täter nicht erkannt haben, obwohl es Hinweise gab, dass die beiden ein Paar waren. Gewesen waren, korrigierte D., zeigte freiwillig den Chatverlauf auf ihrem Handy, in dem sich tatsächlich keine Kontakte während der letzten Wochen fanden.

Verdächtiger Opel Corsa bei einer „Vorbereitungshandlung“ vor einem Markt entdeckt

Noch am Abend der Vernehmung wurde in Weißandt-Gölzau ein Supermarkt ausbaldowert. Wenig später wurde der angebliche Ex bei einem Ladendiebstahl in Köthen erwischt. Für das Mitführen eines Brecheisen hatte er nur wirre Erklärungen parat. Dem Ermittler war klar: Es muss ein Auto im Spiel gewesen sein, um so schnell von einem zum anderen Ort wechseln zu können.

Als D. etwas später unter fadenscheinigen Gründen die Lehrstelle quittierte, wusste der Kriminalbeamte, man würde sich D. genauer ansehen müssen. Dass ihr Auto häufiger hinter einem der Bande als „Headquarter“ dienenden Grundstück in Trebbichau gesichtet wurde, machte sie noch verdächtiger. Und schließlich wurde der Corsa bei einer „Vorbereitungshandlung“ vor einem Markt in Baalberge identifiziert. Wieder wurde sie vorgeladen, diesmal als Beschuldigte.

Jeanette D. hatte eine Tatbeteiligung schließlich zugegeben

Sie hätte nicht aussagen müssen, tat es aber. 19 Überfälle gingen die Ermittler durch, 16 mal sagte D., sie sei dabei gewesen, nannte die Namen der Beteiligten. Die Mutter hatte sie zur Aussage gedrängt und die Polizisten waren überrascht ob der Präzision ihrer Angaben. Sie sprach von Masken und dem Brecheisen. Selbst sei sie nie in den Märkten gewesen und von der Beute mit dem Spritgeld abgespeist worden.

„Die Aussagen waren für uns nachvollziehbar und glaubhaft“, sagte der vor Gericht geladene Beamte. Doch dass einer aus der Bande vorm Revier auf sie wartete, „war für uns ein Nackenschlag“. Der Prozess wird am Donnerstag fortgesetzt. (mz)