Trotz der Coronafolgen Trotz der Coronafolgen: Firmen in und um Dessau-Roßlau setzen weiter auf Ausbildung von Fachkräften

Dessau - Kevin Kopprasch ist Auszubildender bei AEM-Anhaltische Elektromotorenwerk Dessau GmbH. Seit drei Jahren erlernt er den Beruf des Zerspanungsmechanikers. Im Februar wird er fertig. „Ich möchte gerne hierbleiben und vielleicht ein duales Studium anschließen“, berichtet er über seine Pläne.
Ob die aufgehen, kann Claudia Moye, Personalleiterin des Unternehmens, derzeit noch nicht mit Bestimmtheit sagen. „Wir sind grundsätzlich sehr interessiert daran, unsere Auszubildenden als Fachkräfte im Unternehmen zu halten“, betont sie. „Aber auch wir spüren die Coronakrise und sind etwas zurückhaltender.“
Ein halbes Jahr Beschäftigung nach erfolgreichen Lehrabschluss ist bei AEM auch in Coronazeiten jedem Auszubildenden garantiert. „Dann schauen wir, ob und wie wir übernehmen können“, sagt Moye.
Das Unternehmen leidet coronabedingt unter einem „starken Auftragsrückgang“
Das Unternehmen, das für den internationalen Markt Elektromotoren baut, leidet coronabedingt unter einem „starken Auftragsrückgang“. Die Firma sei in viele internationale Großprojekte involviert, die jetzt stillstehen. Wann es da weitergeht, sei ungewiss, da die Entwicklung der internationale Corona-Lage schwer einzuschätzen sei.
Abstriche an der Ausbildung macht AEM trotz der angespannten Lage nicht. 18 Auszubildende in acht Ausbildungsberufen gehören zum Team. „Als die Berufsschulen geschlossen waren, haben wir ihnen die Möglichkeit gegeben, hier bei uns zu lernen, mehr oder weniger in Eigenregie“, berichtet Claudia Moye. Auch in der Praxis waren die jungen Leute tätig, „auch wenn es mitunter problematisch war, die Azubis mit zu beschäftigen“.
Auch im kommenden Ausbildungsjahr wird AEM wieder Lehrlinge einstellen. Fünf Jugendliche haben bereits einen Ausbildungsvertrag unterzeichnet.
Auf die Zahl der Bewerbungen hatte Corona indes keinen Einfluss
„Drei könnten noch dazukommen, dann hätten wir in jedem Ausbildungsberuf einen Auszubildenden im ersten Lehrjahr“, sagt Personalreferentin Sandra Miegel. Die Bewerbungsgespräch laufen noch. „Wir haben damit erst im Juni begonnen, als die Schulen wieder geöffnet waren.“. Auf die Zahl der Bewerbungen hatte Corona indes keinen Einfluss. 132 sind eingegangen, ebenso viele wie im Vorjahr.
Für die Variante der Online-Gespräche haben sich Claudia Moye und Sandra Miegel nicht entschieden. „Man lernt die Bewerber im persönlichen Gespräch viel besser kennen“, sagt Moye. Auch die Bewerber bevorzugten das persönliche Kennenlernen. Neben einer Betriebsführung zum Bewerbungsgespräch bietet das Unternehmen auch Kurzpraktika, um in die Berufe schnuppern zu können.
„Die Schilderungen bestätigen das Gesamtbild“, sagt Javy Hicksch, Geschäftsführerin Operativ der Agentur für Arbeit Dessau-Roßlau-Wittenberg.
Seit Beginn des Berichtsjahres (1. Oktober 2019 bis 30. September 2020) wurden in Dessau-Roßlau 490 Ausbildungsstellen bei der Agentur für Arbeit gemeldet. Das sind 31 mehr als im Vorjahreszeitraum.
315 Jugendliche haben sich bei der Agentur als Bewerber um eine Ausbildungsstelle gemeldet. Ende Juni waren 115 von ihnen noch ohne Ausbildungsvertrag. Von den gemeldeten Lehrstellen waren zum 30. Juni noch 222 unbesetzt. Damit liegt laut Agentur das Ausbildungsgeschehen in Dessau-Roßlau im Normalbereich.
Auch die Industrie- und Handelskammer (IHK) registriert eine ungebrochen hohe Ausbildungsbereitschaft
„Es wird kein Coronajahrgang, auch wenn die Vorbereitung auf die Bewerbung anders lief als gewohnt.“ Statt der persönlichen Berufsberatung wurde zum Beispiel eine Hotline angeboten. Etwa 20 Anrufe Jugendlicher gingen dort täglich ein. Seit Juni seien die persönlichen Gespräche in unterschiedlicher Form langsam angelaufen. „Viele Jugendliche haben auch unsere Online-Informationsangebote genutzt.“ Eine endgültige Bilanz der Coronaauswirkung erwartet Hicksch erst nach Abschluss des Jahres.
Auch die Industrie- und Handelskammer (IHK) registriert bei den Unternehmen im südlichen Sachsen-Anhalt eine ungebrochen hohe Ausbildungsbereitschaft, so das Ergebnis einer Blitzumfrage unter 225 Unternehmen Mitte Juni. Demnach läuft in 81 Prozent der Betriebe die Ausbildung normal weiter.
Kein einziges Unternehmen, das an der Umfrage teilgenommen hat, habe Auszubildenden kündigen müssen, heißt es in einer Mitteilung der IHK. Etliche hätten Homeoffice oder mobile Arbeit angeboten. Etwa jedes fünfte Unternehmen sei für Bewerbungsgespräche auf Video oder Telefon umgestiegen. (mz)