Troge: Dessau ist eine Chance für das Umweltbundesamt
Dessau/MZ. - Mit einem Bürgerfest wird am Nachmittag des 11. Mai das Umweltbundesamt (Uba) in Dessau eingeweiht. Reichlich eine Woche davor verlagert die Behörde ihren Dienstsitz von Berlin nach Dessau. Über seine Sicht auf den neuen Standort sprach MZ-Redakteurin Carla Hanus mit dem Präsidenten des Umweltbundesamtes Andreas Troge.
Wie viele Mitarbeiter treten am Montag, dem 2. Mai hier in Dessau ihren Dienst an?
Troge: Es werden etwa 780 Mitarbeiter hier ihren Dienst aufnehmen. Wobei ich anmerken darf, das Haus ist voller als geplant.
Trotz der langfristigen Vorbereitungen?
Troge: Das liegt auch daran, dass wir zusätzliche Auszubildende im Herbst letzten Jahres bekommen haben. Viele kommen aus der Region Anhalt, vor allem aus Dessau. Die jungen Damen und Herren haben zwar zur Zeit noch Schwierigkeiten mit Fahrgemeinschaften und Unterkunft in Berlin, aber der Großteil der Ausbildung wird dann ab Mai 2005 in Dessau stattfinden.
Komplett im Uba?
Troge: Das Amt hat sich sehr frühzeitig darum bemüht, einen Ausbildungsverbund mit anderen Institutionen zu bilden. Wir haben jetzt drei Ausbildungsorte, einen in Dessau, einen in Berlin und einen weiteren in Sachsen. Dort haben wir eine Außenstelle mit immerhin knapp 60 Beschäftigten in Bad Elster.
Und diese bleibt bestehen?
Troge: Ja, diese bleibt.
Sie ziehen aus der Bundeshauptstadt in ein Oberzentrum. Ist das ein Imageverlust?
Troge: Nein. Wer sagt, Prestige hängt am Standort, hat als Behörde zu wenig Selbstbewusstsein. Sie dürfen nicht vergessen, dass das Umweltbundesamt 1974 in Berlin gegründet wurde. Damals war die Stadt politisch gesehen eine Provinz und bekam erst später den Status der Bundeshauptstadt.
Und nun ziehen Sie nach Anhalt um...
Troge: Sachsen-Anhalt, speziell Dessau, ist eine Chance für das Amt. Eine Chance, in neuer Umgebung sich zu entfalten, einen Beitrag zu leisten, auch zum Wohlergehen und zum Image einer Region. Warum wir uns nicht in die Provinz geschickt fühlen, liegt ein wenig auch daran, dass das Uba eine starke Außenstelle in Berlin behalten wird. Dort sitzt die Deutsche Emissionshandelsstelle mit über 90 Mitarbeitern.
Auch die Labors ziehen nicht mit nach Dessau?
Troge: Das war frühzeitig entschieden worden aus Kostengründen. Wir werden in Berlin einen Laborstandort, den wir mit viel Geld sanieren müssten, für weniger als die Hälfte des Geldes an unserem jetzigen Standort am Bismarckplatz ausbauen. Außerdem holen wir bis zum Jahre 2008 eine Außenstelle mit gut 40 Beschäftigten, die jetzt in Langen ist, nach Berlin, so dass auch dieser Bau weiterhin zu vertretbaren Kosten bewirtschaftet wird.
Wäre für einen Umzug mit Labors der Standort Alten in Dessau praktikabler gewesen?
Troge: Wir haben uns gegen den Standort Alten entschieden, weil dieses ganze Gelände erheblich stärker als der jetzige Standort sanierungsbedürftig gewesen wäre. Der ausschlaggebende Punkt aber war, dass wir einen ökologischen Musterbau fertigen wollten, der für alle zukünftigen Verwaltungsbauten eine Referenz ist.
Der in Alten etwas abseits gestanden hätte.
Troge: Tatsächlich. Damals bin ich mit dem Oberbürgermeister sehr schnell überein gekommen, dass es wenig Sinn macht, diesen Bau vor den Toren der Stadt zu errichten, statt damit zur Gestaltung der Innenstadt beizutragen. Leider ist die Grundstücksfläche des jetzigen Uba etwas kleiner ausgefallen, als wir es uns gewünscht haben. Dennoch kann man mangelnde Fläche positiv sehen. Es wird nicht so viel Boden versiegelt. Und wir haben ein Architekturbüro gefunden, dem es gelungen ist, das Gebäude in einer Schlangenform kompakt in das Stadtzentrum einzubauen und doch transparent und offen zu gestalten. Zudem bietet der Bau modellhafte ökologische Lösungen.
Gibt es Reaktionen auch international auf diesen Bau?
Troge: Es gibt sie. Das Interessante ist, es ist kein Musterbau für Private, sondern der Bund setzt sich selbst Standards.
Deshalb, sagte kürzlich Ihr Vizepräsident in Dessau, hat die Planung auch etwas länger gedauert?
Troge: Weil die Bau- und Finanzleute darauf achten mussten, dass ein solcher ökologisch und technisch anspruchsvoller Bau finanziell nicht aus dem Ruder läuft. Als Nutzer haben wir auf den Zeitplan keinen Einfluss. Wir haben aber eine Gruppe gebildet, welche die Bautätigkeiten hinsichtlich der hohen Gesundheits- und Umweltkriterien überwacht hat. So bewegt sich beispielsweise der Energiebedarf des Dienstgebäudes zwischen dem eines Niedrigenergie- und eines Passivhauses. Ein Bestandteil des Energiekonzeptes ist ein Erdwärmetauschersystem, das über ein fünf Kilometer langes Rohrsystem die Luft je nach Jahreszeit vortemperiert, also im Sommer kühlt und im Winter wärmt. Diese und weitere Zielvorgaben machten eine sehr intensive Qualitätssicherung notwendig. Wir sind froh, mit dem Staatshochbauamt eine unterstützende und verständige Bauverwaltung zu haben.
Sie werden trotz zahlreicher Wohnortwechsel Pendler haben. Gibt es bei der Bahn inzwischen Überlegungen für eine bessere Anbindung Dessaus?
Troge: Das Signal steht immer noch auf Rot. Eine Lösung, dass die Fahrzeit mit der Bahn bei etwa einer Stunde und paar Minuten liegt, wurde noch nicht unterbreitet. Wir haben auch das Pendeln mit dem Bus geprüft. Die Bahn bleibt wohl die preiswertere Alternative. Es geht uns aber auch um Tagungsgäste, die neben den Terminen bei uns auch einige in Berlin haben. Die können nicht vier Stunden Zeit verfahren. Denn, und das ist unser ausdrücklich erklärtes Ziel: Wir wollen die Leute nach Dessau holen.
(Diese Interviewfassung wurde vom Umweltbundesamt autorisiert.)