1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Dessau-Roßlau
  6. >
  7. Treue Diener seit 1903: Treue Diener seit 1903: Türen der Petruskirche in Dessau-Nord wurden umfangreich saniert

Treue Diener seit 1903 Treue Diener seit 1903: Türen der Petruskirche in Dessau-Nord wurden umfangreich saniert

Von Danny Gitter 04.08.2020, 11:30
Petruskirche
Petruskirche Thiemann

Dessau - Schön anzusehen waren die beiden Türen des Haupteingangs der Petruskirche in Dessau-Nord schon länger nicht mehr. Deshalb haben sie eine Frischekur erhalten und wurden in den letzten Wochen restauriert. Das Eichenholz und die Eisenbeschläge waren zunehmend verblasst. Die Witterung hinterließ am Material ebenfalls ihre deutlichen Spuren.

Seit der Einweihung der Petruskirche im Jahr 1903 verrichten die Türen des Haupteingangsportals treu ihre Dienste. Zu unzähligen Gottesdiensten, Konzerten und anderen Veranstaltungen zeigten sie den Weg in das und aus dem Gotteshaus.

Die wohl bisher stärkste Bewährungsprobe hatten sie im April 1945. In den letzten Kriegswirren sind Granatsplitter tief in das Holz eingedrungen und hinterlassen seit Jahrzehnten tiefe Spuren. Doch kaputt zu kriegen, das waren die Türen nicht. Ihrem witterungs- und altersbedingten Verschleiß wollte die Gemeinde aber nicht mehr länger zusehen und sammelte Spenden.

„Für ihr Alter waren die Türen der Petruskirche noch in einem guten Zustand“

Rund 10.900 Euro sind innerhalb kurzer Zeit zusammengekommen, so dass die Dessauer Tischlerei Körting und die Kunstschmiede Schönemann aus Reppichau Mitte April zur Tat schreiten konnten.

Erst übernahmen die Tischler in ihrer Werkstatt in der Polysiusstraße das Kommando. „Auch wenn wir bei der Restauration alter Türen und Fenster schon einige Erfahrung gesammelt haben, ist es immer wieder was Besonderes“, erzählt Tischlermeister Gernot Henze. Unter anderem die Fenster im alten Dessauer Rathaus und die Eingangstür an der Törtener Kirche hat die Tischlerei Körting in der Vergangenheit restauriert.

„Für ihr Alter waren die Türen der Petruskirche noch in einem guten Zustand“, konstatiert Henze. Das ist auch den Qualitätsansprüchen der damaligen Zeit zu verdanken. Kirchenneubauten waren ein Ausdruck von Wohlstand. Das Fürstentum ließ es sich nicht nehmen, im damals prosperierenden Norden seiner ständig expandierenden Residenzstadt Dessau ein eigenes Gotteshaus zu bauen, weil es in der Johanniskirche für alle Gläubigen langsam zu eng wurde.

Anfang Juli wurden die Türen wieder an ihrem Ursprungsort in der Petruskirche eingesetz

Bei der Errichtung des Gotteshauses von 1901 bis 1903 wurde auch bei den Türen auf die Verwendung hochwertiger Materialien geachtet. So kam Eiche statt Kiefer oder Fichte zum Einsatz. „Nur wenige einzelne Balken waren so morsch, dass sie ausgetauscht werden mussten“, erzählt der Tischlermeister. Über Wochen wurden die Rückstände von Verwitterungen und Verschleiß abgetragen, das Holz neu gespannt und final mit einer neuen Lasur versehen, bevor die Kunstschmiede in Reppichau die restaurierten Beschläge aufbrachte.

Anfang Juli wurden die Türen wieder an ihrem Ursprungsort in der Petruskirche eingesetzt. Das ausgetauschte Holz ist etwas heller als das ursprüngliche Holz. Im Laufe der Zeit soll sich das aber farblich durch die Witterung anpassen. Bei genauerem Hinsehen sind auch die Spuren der Granatsplitter von 1945 noch immer erkennbar.

Die Petruskirche wurde ab 1901 im neu entstandenen Stadtteil im Norden Dessaus gebaut. Am Eckgrundstück Albrecht-/Wilhelm-Müller-Straße befand sich zuvor ein Holzlagerplatz auf dem Grundstück der ehemaligen Puhlmannschen Schneidemühle. Am 7. Juni 1903 wurde die Petruskirche als fünfte evangelische Kirche von Dessau ihrer Gemeinde übergeben.

Baumeister der Kirche war der aus Bernburg stammende Architekt Gustav Teichmüller (1862 - 1919). Teichmüller kam 1895 nach Dessau und übernahm hier 1906 das Amt eines Baurates. Aus seinem Büro stammt auch der Entwurf der heute nicht mehr erhaltenen Jakobuskirche im Südosten von Dessau.

Die Petruskirche, heißt es auf der Komepage der Gemeinde, ist ein für die Wende zum 20. Jahrhundert typischer Bau, der sich harmonisch

in das neu entstandene Häuserensemble des gegenüberliegenden Funkplatzes einordnet. Das äußere Erscheinungsbild der Petruskirche lässt romanisierende Stilelemente erkennen, die an ältere romanische Kirchenbauten Italiens erinnern.

Weitere Informationen auf www.petruskirche-dessau.de

Kriegsspuren sollten bewusst nicht überdeckt werden

Die Kriegsspuren „sollten nicht etwa mit Holzkitt überdeckt oder anderweitig ungeschehen gemacht werden. Sie bleiben als Zeugen von Schuld und Leid sichtbar und damit erhalten“, betont Manfred Seifert. Der ehemalige Oberkirchenrat, dessen Frau lange Pfarrerin der Petrusgemeinde war, ist einer der Hauptinitiatoren der Tür-Restauration.

„Wir als Kirchengemeinde sind sehr zufrieden mit dem Ergebnis und danken allen Beteiligten sowie Spenderinnen und Spendern“, sagt die aktuelle Gemeindepfarrerin Ulrike Herrmann. Beim Gottesdienst am 6. September, sollen die Türen offiziell eingeweiht werden.

Nach der Neuverputzung der Fassade des Glockenturms im vergangenen Jahr und den frisch restaurierten Türen in diesem Jahr sieht Herrmann eine kleine Atempause in Sachen Sanierung. „Was als nächstes kommt, ist noch offen“, so die Gemeindepfarrerin. (mz)

Die restaurierten Türen im Eingangsportal der Petruskirche.
Die restaurierten Türen im Eingangsportal der Petruskirche.
Heidi Thiemann
Die alten Türen
Die alten Türen
Gitter
Die Kriegsnarben sind noch zu sehen.
Die Kriegsnarben sind noch zu sehen.
Thiemann