Teichwirtschaft Deetz Teichwirtschaft Deetz: Trockenheit lässt Pegel sinken - Beliebter Fischzug fällt aus

Deetz - Es gibt immer ein erstes Mal. Der große Fischzug am Deetzer Teich, sonst ein unverrückbarer Termin am letzten Oktober-Samstag, er fällt 2018 aus.
Trockener Sommer hat den Wasserspiegel in Deetz um 1,50 Meter sinken lassen
Nicht ins Wasser fällt das traditionelle Abfischen der Karpfen, Hechte und Schleie, sondern das genaue Gegenteil gilt: Kein Wasser da. Der heiße und anhaltend trockene Sommer 2018 hat den Wasserspiegel im Deetzer Teich um 1,50 Meter absinken lassen. „Wir bekommen hier einfach zu wenig Regen ab und dazu hat die Sonne viel Wasser verdunsten lassen. Da konnte man zugucken“, sagt Hannelore Sachse. Die Fischwirtin und Inhaberin der Teichwirtschaft Deetz kann sich an Vergleichbares nicht erinnern.
Da nun auch das Bächlein Nuthe, das immer noch Frischwasser in den Teich speiste, fast ausgetrocknet ist, konnte dieses Jahr nichts für den „großen Fischzug“ angestaut werden. Über einen Umflutgraben strömt zum Abfischen vorab gestautes Wasser zur Fanggrube am Teichrand. Und da werden mit großen Keschern, Fangnetzen und riesigem Aufgebot an Muskelkraft frische Fische an Land geholt. Normalerweise.
Fehlendes Wasser ist für die Teichwirtschaft existenzbedrohend
Nicht so 2018. Der heute 71-jährigen, umtriebigen Fischwirtin fiel die Absage der Traditionsveranstaltung alles andere als leicht. Gehen der Direktvermarkterin so doch auch erhebliche Einnahmen verloren: An diesem letzten Oktobersonnabend konnten seit 1992 in jedem Jahr bis zu acht Tonnen Fisch gefangen und verkauft werden. „Das fehlende Wasser wird schon existenzbedrohend. Mein Geld bleibt jetzt im Teich.“
Um trotz der monatelangen Hitze und Trockenheit den Tausenden Fischen in dem 57 Hektar großen Gewässer das Überleben zu sichern, pumpte Hannelore Sachse seit Mai frischen Sauerstoff ins Wasser. „Anders geht’s nicht. Nun bleiben die Fische eben bis zum nächsten Jahr drin“, hofft Sachse bis dahin inständig auf die natürliche Erholung ihres Teiches durch normalisierte Niederschlagsmengen. Von Mitte April bis heute stehen in Deetz insgesamt nur 19 Liter pro Quadratmeter zu Buche - „das ist so gut wie gar nichts“.
Hannelore Sachse will sich „noch etwas einfallen lassen“, um das Weihnachts- und Silvestergeschäft irgendwie zu retten. Denn der Karpfen - ob nun blau oder knusprig gebacken - ist in vielen Haushalten auf der Festtagstafel beliebt. „Mal sehen, wie wir jetzt die Fische noch aus dem Teich ziehen“, ist die Direktvermarkterin dennoch überzeugt: Es wird Silvesterkarpfen aus Deetz geben.
Der Geschäftssinn liegt Hannelore Sachse quasi im Blut. Und die Fischwirtschaft in den Genen. Denn die resolute Frau mit Kurzhaarschnitt, Hemdsärmeln und Wathosen führt eine Profession von Eltern, Großeltern, Urgroßeltern und Ahnen fort. Stand seit Kindesbeinen am oder im Teich.
Gewässer in Deetz wurden 1576 vom Herzog von Anhalt-Dessau angelegt
Das Gewässer wurde 1576 vom Herzog von Anhalt-Dessau künstlich angelegt. 1628 kam der Teich mit daraus wachsender Teichwirtschaft in den Besitz der Familie Schütze. Und blieb dort Jahrhunderte, bis die Schütze-Erbtochter Paul Sachse heiratete. Nach der Enteignung 1972 verlor Paul Sachse uralten Familienbesitz. Tochter Hannelore - im ersten Berufsleben noch Hauptbuchhalterin der Außenstelle Dessau im Backwarenkombinat Halle - erhielt die Teichwirtschaft 1992 zurück. Setzte sich noch einmal auf die Schulbank und ist seither die einzige Frau an der Spitze der sachsen-anhaltischen Fischwirtschaften.
Offiziell ist sie Einzelkämpferin. Kann aber bei Bedarf zurückgreifen auf viele Freunde, Helfer und Bekannte im Dorf. „Es macht noch immer Spaß“, sagt Sachse zu ihrem Leben als Unternehmerin. „Selbstständigkeit erklärt sich einfach“, sagt sie und lacht: Das heißt eben „selbst“ und „ständig“.
(mz)

