Echte Kindheitserinnung Steinelefanten in Dessau: Seit 40 Jahren findet man die Jumbos am Bauhaus und im Stadtpark

Dessau - Dessau ist auch für Wittenberger immer eine Reise wert. Es ist einer dieser typischen durchwachsenen Tage in den Sommerferien, die Melanie Ilchmann, Heimerzieherin aus Wittenberg, mit einer Handvoll ihrer Schützlinge für einen Tagesausflug nach Dessau nutzt.
Doch weder Gartenreich noch Bauhaus ziehen ihre Jugendlichen in den Bann. Ein Natursteinelefant auf dem Spielplatz im Stadtpark ist es, der bei der Erzieherin und ihren Begleitern die Herzen höher schlagen lässt.
Bockspringen. Reiten. Klettern. Die Wittenberger Heimkinder sind voll in ihrem Element. „Da spart man sich ja direkt die Fernreise“, scherzt Ilchmann. „Ein Hauch von Indien“, das hat die Wittenbergerin am wenigsten in Dessau vermutet. „Am liebsten würden wir den gleich mitnehmen“, sagt sie und fragt, was es denn mit dem Exoten auf sich hat.
Stöbern im Stadtarchiv
Um die Geschichte der beiden Dessauer Natursteinelefanten zu ergründen, ein Zwilling steht auf einem Spielplatz am Bauhaus, ist ein Gang ins Dessauer Stadtarchiv unumgänglich.
Hier wird fürs Erste Licht ins Dunkel gebracht. Ein Häuserbuch der Stadt Dessau, Planungsunterlagen zum Stadtpark und archivierte Zeitungsausschnitte der „Mitteldeutschen Neuesten Nachrichten“ liefern erste Anhaltspunkte.
Nach dem Krieg nahm der ehemalige Palaisgarten als Stadtpark immer mehr neue Züge an. Vor allem entstand im Umfeld auch viel neuer Wohnraum für junge Familien. Das veranlasste die Stadt dazu den Dessauer Stadtpark von 1965 bis 1972 um einen Spielplatz zu erweitern.
1972 wurde das Areal an der Willy-Lohmann-Straße rechtzeitig zum Kindertag fertiggestellt und der Öffentlichkeit übergeben. Fortan ist auch der Natursteinelefant in diversen Publikationen am Rande immer mal erwähnt.
Erster Zwilling steht seit 1970
Sein Zwilling am Bauhaus ist schon zwei Jahre früher zum Kindertag am 1. Juni 1970 der Öffentlichkeit übergeben worden.
Ein Foto mit kleinem Text, veröffentlicht am 4. Juni 1970 in den Mitteldeutschen Neuesten Nachrichten, zeigt, wie eine Gruppe Kinder sichtlich Gefallen am Spielen, Klettern und Rutschen „auf dem Beton-Jumbo“ hat.
Gefertigt wurden die beiden Elefanten in der Werkstatt des Bildhauers Alfred Späte (1917 - 1979) in Kayna bei Zeitz. Noch heute wird das Familienunternehmen in der nächsten Generation von seinem Sohn Christian Späte weitergeführt.
Er und seine Schwester haben noch einige Erinnerungen an die Dickhäuter. „Oft und gerne waren wir als Kinder mit unserem Vater auf seinen Dienstreisen in Dessau. Auch bei der Geburt der Elefanten in der Werkstatt waren wir gerne dabei“, berichtet Margarete Späte, die wie ihr Bruder als Diplom-Bildhauerin in die Fußstapfen ihres Vaters getreten ist.
Generationen von Kindern glücklich gemacht
In der Bauhausstadt hat Alfred Späte vor allem auch in der Friedhofskultur Spuren hinterlassen. An der Gestaltung der Trauerhalle und Urnengemeinschaftsanlagen auf dem Kühnauer Friedhof hat er großen Anteil.
Generationen von Kindern hat der Bildhauer aber mit seinen Natursteinelefanten glücklich gemacht.
Viel Symbolik liegt für Bruder und Schwester in den Dickhäutern. Das Material Naturstein ist ein Symbol der Dauerhaftigkeit. In der Tat sind an den beiden Standorten die Natursteinelefanten seit über 40 Jahren eine Konstante.
Spielgeräte in ihrer Umgebung sind gekommen und ersetzt worden. Die Jumbos blieben. Mögen sich auch Schmierfinken an ihnen verewigt haben, weisen beide Dickhäuter nur leichte Gebrauchsspuren auf.
Attribute wie Weisheit und Klugheit sind in der Mythologie mit Elefanten verbunden. Bessere Kindertagsgeschenke konnten damit den Kindern in den 1970er Jahren kaum gemacht werden.
Einer von 1.000 Gründen
Neben Dessau haben auch Halle, Gera, Zeitz und Meuselwitz diese Elefanten bei Späte in Auftrag gegeben. Als vor fünf Jahren die Hochschule Anhalt 1.000 Gründe suchte, Dessau zu lieben, schafften es auch die Elefanten ins Ranking.
Das inspirierte damals Design-Studenten eine limitierte Serie von Ansteckern der beiden Dickhäuter zu fertigen. Auch die Tante Ju und der Elbebiber waren für die Dessauer damals prominente Gründe ihre Stadt zu lieben.
Auch davon gab es limitierte Anstecker-Serien, die unter anderem auf der Grassimesse in Leipzig, einem internationalem Forum für Design und Kunst, verkauft wurden. Im Schatten der Welterbestätten haben die beiden Jumbos ihren Platz als heimliche Stars längst gefunden. (mz)

