Stammzellenspende gegen Leukämie Stammzellenspende gegen Leukämie: Eine Roßlauerin hilft ihrem genetischen Zwilling

Roßlau - Eine junge Roßlauerin hat kurz vor Weihnachten einer fremden Frau Hoffnung auf ein neues Leben geschenkt. Sandra Schammer hat ihrem genetischen Zwilling Stammzellen gespendet. „Ich hoffe ganz doll, dass ich ihm damit helfen konnte“, teilte die 35-Jährige kurz nach dem Eingriff ihren Freunden über die sozialen Netzwerke mit.
Sandra Schammer hatte sich Anfang 2015 bei der Deutschen Knochenmarkspenderdatei (DKMS) registrieren lassen. Bereits vier Wochen später kam schon eine Rückfrage und wurde Päckchen mit Röhrchen für eine Blutentnahme geschickt.
„Mein genetischer Zwilling war also gefunden worden! Ohne zu Zögern, ging ich zur Blutabnahme zu meiner Hausärztin und ließ die Probe abschicken“, sagt die Roßlauerin. Dann aber ruhte fast ein Jahr lang der Kontakt zwischen potenzieller Spenderin und der DKMS.
Knochenmarksspende: Vom ersten Anruf bis Entnahme war alles durchorganisiert
Anfang November schließlich kam per Handy ein Anruf mit der Nachfrage, ob Schammer noch als Spenderin zu Verfügung stehe? Natürlich stand sie zu ihrem Wort, erinnert sich Ehemann Enrico Schammer, an eine ab sofort turbulente Adventszeit. „Das ging jetzt faktisch Schlag auf Schlag.“
Der Termin war festzusetzen, die Tagesklinik auszuwählen. „Die Organisation und Betreuung durch die DKMS-Leute war wirklich erstklassig, wir brauchten uns um nichts selbst zu kümmern“, erinnert sich Enrico Schammer. Der Arbeitgeber stellte die in Zerbst beschäftigte Warenbereichsleiterin einer Supermarktkette für die Stammzellenspende frei.
Transplantationstermin war der 12. Dezember. Die Vorbereitung lief in der Woche vor dem 3. Advent. Vier Tage lang verabreichte sich Sandra Schammer selbst Spritzen mit einem Medikament mit einem Wachstumsfaktor für die eigenen Stammzellen. Die sollten aus den großen Knochen aus Oberschenkeln und Becken in den Blutkreislauf übergehen.
Am 11. Dezember fuhren die Schammers dann gemeinsam nach Dresden, wo das Team der Cellex Gesellschaft zur Zellgewinnung auf die Stammzellenspenderin wartete. Die Entnahme am Montag funktionierte problemlos, bis Dienstag blieb Sandra noch unter ärztlicher Beobachtung.
Der Empfänger ehielt die Stammzellen noch am gleichen Tag
Parallel dazu wurden die über Zentrifugen aus dem Blutkreislauf gefilterten Stammzellen am gleichen Tag dem Empfänger transplantiert. Dahinter stecken enormer organisatorischer Aufwand und moralische Gewissensfragen.
Denn das kranke Immunsystem des Patienten wird in Vorbereitung der Spende komplett zerstört, damit sich aus den neuen Stammzellen neues, gesundes Knochenmark und Blut bilden kann. Der Spender aber könnte bis zuletzt einen Rückzieher machen.
Daran hat Sandra Schammer wohl keinen Moment gedacht. Bei ihrem genetischen Zwilling handelt es sich um eine etwa gleichaltrige, an Blutkrebs (Leukämie) erkrankte Frau in Spanien. Das wurde nach der Stammzellenspende anonymisiert mitgeteilt.
Die Schammers aus Roßlau aber haben auch auf privater Ebene ein besonderes Verhältnis zu Zwillingen. Nach der heute 12-jährigen Michele gehören seit drei Jahren auch die Zwillingssöhne Maximilian und Maddox zur Familie.
Vater Enrico schließlich ist bereits seit langem in der Knochenmarkspenderdatei als möglicher Spender registriert. Für den Leiter der Freiwilligen Feuerwehr Roßlau etwas Selbstverständliches. „Feuerwehrleute sind doch schon aus Prinzip für andere da“, sagt der 35-jährige Enrico Schammer. (mz)
Eine Welle der Hilfs- und Spendenbereitschaft hatte Anfang Dezember 1200 Menschen der Region zur Registrierung für die Deutsche Knochenmarkspenderdatei gebracht. Aktionen gab es unter anderem im Berufsschulzentrum, bei IDT Biologika, im Walter-Gropius-Gymnasium und in Halle.
Gesucht wurde ein genetischer Zwilling für die erst 30-jährige Dessauer Berufsschullehrerin Kristin Erfurt, bei der im Juli 2016 Leukämie diagnostiziert wurde und eine Chemotherapie fehlschlug. Nur eine Stammzellspende kann noch helfen.
Bei der erweiterten Suche konnte in der 4. Adventswoche ein geeigneter Spender gefunden werden.