Stahlguss Dessau GmbH Stahlguss Dessau GmbH : Firmenchef Jamshid Yektai bietet Asylbewerbern Arbeit

Dessau - „Wir gehören ohne aufzufallen zu den weltweiten Big Playern.“ Jamshid Yektai lässt den Satz fast nebenbei, aber nicht ohne Stolz fallen. Gerade, erzählt der Firmenchef, hat die Getriebe Technik Dessau GmbH einen Großauftrag aus China an Land gezogen: 230 Tonnen wiegt das Einzelstück, das im April ausgeliefert werden soll. Das Getriebe für einen Schiffsbagger ist 5,40 Meter breit. Nur zehn Zentimeter breiter ist das Tor. „Der Transport wird spannend“, sagt Yektai.
150 Mitarbeiter sind beschäftigt
Dass der Zuschlag auf Dessau fiel, für den Chef spricht das eindeutig für den Standort. 2012 hatte er die Gießerei, die Schmiede, den Kranbau-Zulieferer und das Getriebetechnikwerk der insolventen AD Industry Group übernommen. 150 Mitarbeiter sind beschäftigt, beliefern den deutschen und internationalen Markt. Das soll so bleiben. „Wir suchen aber nicht nur nach Profit“, sagt Yektai. „Wir haben auch eine gesellschaftliche Aufgabe.“
Denn von den Mitarbeitern sind eine Hand voll nichtdeutsche Staatsbürger. Fünf sind Flüchtlinge. Auch deren Zahl soll zweistellig werden, sagt der Chef. „Viele Flüchtlinge sind arbeitswillig. Die Möglichkeit, sie zu beschäftigen, haben wir.“ Die Menschen müssten eine berufliche Perspektive bekommen. „Sonst bekommen wir ein Problem.“
749 arbeitssuchende Flüchtlinge in Dessau
„Wir bräuchten mehr Unternehmer wie Dr. Yektai“, wirbt Sabine Edner, Chefin der Arbeitsagentur Dessau-Roßlau-Wittenberg. Seit zwei Jahren hat die Agentur das Thema Flüchtlinge und Asylbewerber verstärkt auf der Agenda. 1.771 Arbeitssuchende aus nicht europäischen Asylherkunftsländern sind registriert, dreimal so viel wie 2016. 690 von ihnen sind arbeitslos, die anderen in Integrationskursen und Maßnahmen beschäftigt.
Allein in Dessau gibt es 749 arbeitssuchende Flüchtlinge, 292 sind arbeitslos. Sie in Arbeit zu vermitteln ist schwer. 43 haben in Dessau-Roßlau eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung gefunden, 165 im Agenturbezirk. „Die Sprache ist dafür sehr wichtig“, weiß Edner, weshalb auf Integrationskurse gesetzt wird. Noch besser sei, wenn Sprachkurs sowie Praktika oder Minijob nebeneinander stattfinden. „Bis die Leute fließend deutsch sprechen können, vergehen Jahre.“ Aber wenn man ihnen nicht jetzt die Chance gibt, sich zu integrieren, blieben sie unter sich.
Mit 19 Jahren nach Deutschland gekommen
Bei Jamshid Yektai rennt sie offene Türen ein. „Ich bin selbst nicht in diesem Land geboren“, erzählt der Mittsiebziger. Mit 19 Jahren war er nach Deutschland gekommen, bleiben wollte er nicht. Es kam anders. Er studierte, promovierte, fing beim Krupp-Konzern als Sachbearbeiter an, stieg zum Direktor und Prokuristen auf. „Die Leistung zählt“, sagt Yektai. „Wenn man vorankommen will, dann muss man 150 bis 200 Prozent bringen.“ Nicht nur das sage er den Menschen, die nach Deutschland kommen, vor allem: „Man muss deutsch lernen, wenn man Fuß fassen will.“
2012 hatte Jamshid Yektai die vier Betriebe aus der 2011 insolvent gegangenen AD Industry Group Dessau gerettet. Am Kabelweg konnte eine 135-jährige Maschinenbautradition fortgesetzt werden. Der ehemalige Manager des Krupp-Konzerns hatte zuerst 1989 den Getriebebauer Siebenhaar erworben. Später kamen weitere Firmen hinzu wie die Getriebetechnik Magdeburg und Anlagenbauer Vakoma.
Yektai, sieht sein Engagement in Sachen Flüchtlingen pragmatisch - auch vor dem Hintergrund fehlender Arbeitskräfte in der Stahlguss Dessau GmbH. Natürlich sei es mühsam, die neuen Mitarbeiter anzuleiten. Das brauche viel Geduld und auch Übersetzungshilfe. „Doch wenn wir warten, bis wir den passenden Mitarbeiter haben, bekommen wir ihn nicht.“ Statt einer dreieinhalbjährigen Ausbildung setzt er darauf, die neuen Mitarbeiter in ein bis einhalb Jahren fit zu machen. „Wenn sie zehn Jahre bleiben, hat sich das gelohnt.“ Wenn sie in eine andere Firma wechseln, hat diese etwas davon. Und wenn sie wieder zurück in ihre Heimat gehen? „Dann haben wir Entwicklungshilfe geleistet.“
Auch Fachkräften gegenüber ist Yektai aufgeschlossen. Erst vor wenigen Tagen hat er einen Maschinenbauingenieur aus dem Iran eingestellt, der sich gezielt in Dessau beworben hatte. „Wir geben ihm eine Chance und werden einen Deutschlehrer organisieren.“ Oder da ist Reza Moradi, der seit fünf Jahren in Deutschland lebt, jetzt mit seiner Frau und den beiden Kindern in Dessau. Er, sagt Yektai stolz, ist mittlerweile Führungskraft in der Gießerei.
(mz)
