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Stadtwerke Dessau Stadtwerke Dessau: Fernwärme ist die Schlüsselfrage

Von Heidi Thiemann 19.11.2014, 20:01
Blick auf das Dessauer Kraftwerk der Stadtwerke.
Blick auf das Dessauer Kraftwerk der Stadtwerke. L. Sebastian Lizenz

Dessau-Rosslau - „Wir wollen langfristig ein kundenorientiertes und wettbewerbsfähiges Unternehmen sein und bleiben“, fasst Thomas Zänger das Ziel der Strategie 2020 der Stadtwerke Dessau zusammen. Diese Unternehmensstrategie stellte Zänger gemeinsam mit seinen Geschäftsführerkollegen Hans Tobler und Dino Höll bei einem kommunalpolitischen Abend vor Stadträten vor.

„Die Zukunft wird nicht einfacher, auch nicht für Energieversorger“, erklärte Oberbürgermeister Peter Kuras, der gleichzeitig Aufsichtsratsvorsitzender der Stadtwerke ist. Kuras verwies auf den Fall Gera. Dort hatten die Stadtwerke Insolvenz anmelden müssen. Eine wesentliche Rolle spielte dabei die Energiewende. Laut einer Studie der Unternehmensberatung Roland Berger sei die Profitabilität regionaler Energieunternehmen in den letzten zehn Jahren um 30 Prozent gesunken. Die Margen, die sie für die Energieerzeugung erzielen können, wurden immer geringer.

Die Stadtwerke Dessau sind zuständig für die Lokalversorgung von Haushalten und Gewerbe mit Strom, Erdgas, Wasser, Abwasserentsorgung, Fernwärme. Aber auch die Bereiche Fernsehen, Internet und Telefon, Bus, Straßenbahn und Dessau-Wörlitzer Eisenbahn sowie der Flugplatz Dessau gehören dazu. Bei den Stadtwerken arbeiten 419 Mitarbeiter, darunter 18 Azubis.

Das Unternehmen ist längst nicht mehr nur in Dessau aktiv: Zum 1. Januar 2014 wurden die Stromnetze der Ortsteile Roßlau, Brambach, Rodleben, Streetz/Natho und Mühlstedt übernommen. Insgesamt unterstützen die Stadtwerke in der Stadt 70 Projekte aus dem kulturellen und sozialen Bereich und sind in der Energieavantgarde Anhalt engagiert, die Anhalt autark mit Energie versorgen will.

Die Stadtwerke Dessau setzen dem ihre Vision von „Menschen begeistern - Energiewende meistern“ entgegen. Vier Missionen, die mit konkreten Projekten untersetzt werden, sollen das Unternehmen in die Zukunft führen.

Kunden

Die Stadtwerke sind längst nicht mehr der alleinige Energieversorger auf dem Markt, die Zahl der Wettbewerber steigt weiter, andererseits steigt der Druck auf die Margen für die Energieerzeugung. Hinzu kommt: Viele Kunden werden zu „Prosumern“, erzeugen also auch selbst Energie. Das Ziel Kunden zu halten, neue Kunden zu gewinnen (500 in Dessau und 5000 in Roßlau) ist klar formuliert. Damit in Zusammenhang steht, dass die Netze, die die DVV in Dessau-Roßlau vorhält, zur Belieferung von immer mehr eigenen Kunden genutzt werden sollen. Zänger spricht von der eigenen Netzdurchdringung, die auf 75 Prozent erhöht werden soll. Konkret im Plan ist der Absatz von 200 GWh Strom und 250 GWh Gas. Dies zu schaffen, gelinge nur mit der Verbesserung der Kundenzufriedenheit. Auch auf die „Prosumer“ soll sich mehr fokussiert werden. Und: „Die Preise sollen maximal drei Prozent über denen vergleichbarer Wettbewerber liegen“, erklärt Zänger, denn Kunden entscheiden zunehmend über den Preis, wer sie sie beliefert.

Fernwärme

„Fernwärme darf nicht teurer sein als Alternativen“, erklärt Zänger. Doch besonders auf diesem Markt stehen die Stadtwerke vor einer enormen Herausforderung. Ist die moderne, bezahlbare Fernwärmeerzeugung doch eine Schlüsselfrage für die Zukunft des Unternehmens. Nicht nur, dass die Abnahme durch einen sinkenden Energieverbrauch und die schrumpfende Stadt immer mehr sinkt. Das Braunkohlekraftwerk und die Gasturbine haben nur noch eine begrenzte Laufzeit bis 2022 bzw. 2018. Hierfür muss Ersatz her. Wie dieser aussehen wird? „Die Ersatzinvestitionen für die Gasturbine und das Braunkohlekraftwerk wählen wir ergebnisoptimal“, sagt Zänger. Fest steht, bis Ende 2017 muss der Ersatzneubau für die Gasturbine stehen, das technische Konzept für den Ersatzneubau der Kohleanlage bis Ende 2019. Klar ist bereits: Mit dem klassischen Kraft-Wärme-Kopplungsbetrieb erzielen die Stadtwerke immer geringere Margen, weshalb hier eine Entkopplung und überhaupt eine Dezentralisierung der Produktion ansteht. Fünf Prozent der Fernwärme soll aus erneuerbaren Energien bezogen und ein Teil der Fernwärmeleistung über Bezugsverträge mit Kunden abgesichert werden. Quartiersbezogene Anlagen sollen helfen, Netzverluste zu minimieren. Gegenwärtig, erklärt der Stadtwerkechef, gäbe es rund 70 000 MWh Verlust pro Jahr. Deshalb müsse das Fernwärmenetz strategisch entwickelt werden. Aber auch, um das Netz mittelfristig nach dem Braunkohleausstieg auf die Wärmeaufnahme aus Kraftwerken der Zukunft vorzubereiten. Dass es weiter einen hohen Versorgungsgrad mit Fernwärme in der Stadt geben wird, darauf setzt Zänger und hofft auch auf Unterstützung aus dem politischen Raum. Dabei ist ihm auch klar: „Wir müssen am Image der Fernwärme arbeiten.“ Wie überhaupt die Stadtwerke sich besser verkaufen müssten, um den „Kunden klar zu machen, dass es ihre Stadtwerke sind.“

Netzbewirtschaftung

Die schrumpfende Stadt macht sich auch hier bemerkbar. Die Kunden wollen eine hohe Versorgungssicherheit, die Kosten aber bleiben gleich, auch wenn es weniger Nutzer gibt, so Zänger. Deshalb müsse hier mit zielgerichteter Instandhaltung und Investitionen sowie durch die Senkung von Netzverlusten die Bezahlbarkeit der Versorgung gesichert werden.

Durch bewegte Zeiten

Erfolgreich durch bewegte Zeiten zu führen, ist im Strategiepapier ebenfalls als Schlüsselmission aufgeführt. Wie wichtig das Führen ist, zeigt Gera: Die Pleite entstand auch durch hauseigene Misswirtschaft. Das Dessauer Strategiepapier, sagte Zänger zu Beginn seiner Ausführungen, wurde in Workshops mit den Mitarbeitern des Unternehmens erarbeitet. Es gab zwar eine externe Moderation, „die gesamte Strategie ist aber weitestgehend ein Eigengewächs“. Künftig wollten die Stadtwerke eine höhere Akzeptanz bei ihren Kunden erreichen, transparenter kommunizieren, die Bürger beteiligen, aber auch innerhalb des Unternehmens verschiedene Weichen stellen, neue Geschäftsmodelle entwickeln. Fest steht: „Die Energiewende wird weitere, heute noch unbekannte Herausforderungen bringen.“ Auf manche Fragen, gibt Zänger zu, „haben wir im Moment noch keine Antwort“. (mz)