Stadtentwicklung im Dessauer Süden Stadtentwicklung im Dessauer Süden: Warten auf die gute Lösung
Dessau/MZ. - Österreich-Viertel heißt das Gebiet auf dem Stück Plan, den Schlichter in seinem Büro ausgebreitet hat. Linzer Straße. Grazer Straße. Innsbrucker Straße. Klagenfurter Straße. An das schöne Österreich erinnert dort nicht mehr viel: Das manchmal schon trostlose Viertel wartet auf seinen Neuanfang. Seit geraumer Zeit.
Die Ungewissheit ist groß in Süd. Stetig war der Wegzug. Zurück blieben viele leere Wohnblöcke. "Süd wird angenommen", sagt Joachim Schlichter trotz aller Probleme. "Die Wohnlage ist gut." Doch es muss was getan werden. Das aber fällt schwer. Grund: Die Eigentumsverhältnisse sind höchst kompliziert. Rückforderungsansprüche verhindern bislang oft genug schnelle Lösungen.
Dessaus Wohnungsbaugesellschaft gehören einige der Blöcke, manche erst seit kurzem. Grazer Straße. Linzer Straße. Wiener Straße. Nahe der Südschwimmhalle. Für die Häuser dort hat das Unternehmen gerade einen Vergleich geschlossen. Gewerkschaften, 1933 enteignet, hatten darauf Ansprüche angemeldet. "Diese Geschichte ist geregelt", sagt Schlichter. Eine erste Studie für dieses Gebiet liegt vor. Experten konkretisieren die gerade - bis hin zur Kostenberechnung. "Liegt das vor, wird entschieden, wie wir weitermachen." Schlichter weiß: "Wir werden sanieren. Aber nicht um jeden Preis." Der Aufwand steht noch nicht fest. "Anders Wohnen im Bestand" ist das Konzept für die ehemaligen Gewerkschaftswohnungen überschrieben.
250 Millionen Euro hat die Dessauer Wohnungsbaugesellschaft seit der Wende in ihren Wohnungsbestand investiert. "Die Investitionskraft ist heute nicht mehr so groß wie früher", gibt Schlichter zu. "Wir müssen uns auf bestimmte Bereiche konzentrieren." 2003 war für den Geschäftsführer der Einstieg in den Stadtumbau Ost. Abrisse sollen helfen beim Altschuldenerlass. Doch das Verfahren, das dazu da ist, die schrumpfenden Städte umzubauen, ist "kritikwürdig", sagt Schlichter. Die Wohnungsunternehmen müssen Abrisse vorfinanzieren. "Wir spielen Kreditgeber für Dritte." Das Geld fehlt anderswo. In Süd beispielsweise. Dort bleibt die Situation schwierig.
Auch im Bereich Innsbrucker Straße, zur neuen Feuerwache hin. Die Wohnungsgenossenschaft hat dort Blöcke saniert. Die Dessauer Wohnungsbaugesellschaft und die Gewerkschaften, weitere Eigentümer, müssen abwarten. Weil Drittansprüche angemeldet wurden - und die noch nicht entschieden sind. "Keiner kann agieren, ohne Klarheit zu haben", sagt Schlichter. "Keiner investiert in möglicherweise fremde Bestände." Doch nicht nur das bremst die Entwicklung.
Die Stadt arbeitet an einem Rahmenplan für den Süden, für das gesamte Gebiet zwischen Katholischer Kirche und neuer Feuerwache. Dutzende Varianten haben Planer erarbeitet, unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt, mal wenig, mal viel abgerissen, mal im vorderen Bereich, mal weiter hinten. Konsens ist der Streit über die beste Variante. Kurz vor Weihnachten saßen Hauseigentümer und Stadtverwaltung wieder zusammen - eine Einigung kam nicht zustande.
"Vielleicht gibt es die nicht", hatte Schlichter schon vorher angedeutet. Zu verschieden sind die Interessen. Das Stadtentwicklungskonzept, das in den nächsten Jahren den Abriss von mindestens 6 900 Wohnungen in Dessau vorsieht, thront über dem Rahmenplan, dessen Erfüllung Fördermittel sichert. Im Österreich-Viertel sieht der Plan auch den Abriss von Wohnungen vor. Wo, das muss festgelegt werden. Im Januar gehen die Gespräche weiter. Süd muss noch warten.