Stadt Gröbzig Stadt Gröbzig: Eine Erinnerung an Vergangenes
Gröbzig/MZ. - Nur die älteren Gröbziger können sich noch gut an das Bad erinnern. Willi Just (74) und Fritz Bergunter (69) gehören dazu. Beide sind Mitglied im Heimatverein Gröbzig, und sie können auf den Punkt genau sagen, wo sich das Stadtbad einst befand. "Das war an der Fuhne, doch heute ist davon nichts mehr übrig", erklärte Willi Just.
Auch von vielen anderen Einrichtungen, die einst zur Stadt gehörten, ist kaum noch etwas geblieben. Das war für das Rentner-Duo der Anlass, ein Stadtmodell zu bauen, mit dem an Vergangenes erinnert werden soll. Im Juni dieses Jahres machten sich beide an die Arbeit. Mittlerweile ist die 2,50 mal 1,90 Meter große Tafel mit vielen kleinen Holzhäusern und nachgebildeten Straßenzügen fast fertig.
Etwas Farbe fehlt hier und da noch, auch ein paar Miniatur-Bäume sollen auf die Platte geklebt werden, um markante Orte, beispielsweise den Gröbziger Park, noch deutlicher hervorzuheben. Außerdem werden viele der dargestellten Bauten noch mit Nummern versehen. Dazu wird dann eine Legende erstellt, auf der abgelesen werden kann, was sich in dem jeweiligen Gebäude einmal befunden hat.
Das Stadtmodell, das inzwischen im Mauseturm, dem Domizil des Heimatvereins, seinen Platz gefunden hat, zeigt Gröbzig um das Jahr 1945. Die zeitliche Auswahl erfolgte bewusst. "Wir wollten etwas bauen, was die jüngeren Bürger nicht mehr kennen", sagte Willi Just. Und beim Vergleich mit der Gegenwart könne nachvollzogen werden, was sich seither im Handwerk, in der Industrie, im Handel, im Verkehrswesen und im Stadtbild alles verändert habe.
Just und Bergunter sind Gröbziger Urgesteine. Sie kennen die Fuhnestadt wie ihre eigene Westentasche, so dass es ihnen nicht schwer fiel, die Stadt nachzubilden. "Vorlagen hatten wir nicht, wir haben aus unserem Gedächtnis heraus gebaut", berichtete Fritz Bergunter. Der gelernte Stellmacher wollte ursprünglich die Häuser noch exakter gestalten, mit angemalten Türen und Fenstern beispielsweise. Das hätte bedeutet, die Holzteile etwas größer zu machen. "Das haben wir dann sein lassen, das Modell wäre zu groß geworden."
Ohnehin gab es eine Schwierigkeit. Denn als das Grundgerüst fertig war, mussten die Modellbauer feststellen, dass die Platte in ihrer Gesamtheit nicht in das erste Geschoss des Mauseturmes hätte getragen werden können. Bergunter und Just schraubten deshalb ihr Werk noch mal auseinander, in vier Teilen brachten sie es in den Turm und setzten die Platten dann wieder zusammen. Fleißige Helferinnen hatten die Modellbauer in Bergunters Enkeltochter Frances Elstermann (12) und deren Freundin Patricia Stötzer (13). Die beiden Gymnasiastinnen fanden Interesse an der Arbeit und bastelten mit.
Zu den Häusern, die Stück für Stück auf der Tafel festgeklebt wurden, können Just und Bergunter viele Geschichten erzählen. Zur Flocke beispielsweise, wie die Gröbziger die Kartoffelflockenfabrik in der Köthener Straße nannten. Oder zum Eiskeller, in dem einst das Eis gelagert wurde, das die Gröbziger Brauerei zum Kühlen brauchte. Oder zu Beils Bauernhof, von dem nur noch ein Gebäude vorhanden ist.
Selbst ein Eisenbahngleis, das sich am Rand der Tafel entlang schlängelt, fehlt nicht. Es weist darauf hin, dass Gröbzig viele Jahre an die Bahnlinie angeschlossen war, die von Gerlebogk kam und über Löbejün nach Nauendorf führte. 1963 wurde der Eisenbahnbetrieb schließlich eingestellt.
Im nächsten Frühjahr, so die Vorstellungen des Heimatvereins, soll der Raum mit dem Stadtmodell komplett sein. Historische Fotos kommen noch an die Wände, dann wird das Zimmer der Öffentlichkeit präsentiert. Bis dahin werden Fritz Bergunter und Willi Jost noch einige Stunden investieren müssen. "Den größten Teil der Arbeit haben wir aber geschafft", sagten sie.
Was das Bad anbetrifft, so kümmerte sich nach dem Krieg niemand mehr um die Einrichtung. Wie aus der Stadtchronik hervorgeht, ging der Wasserstand immer mehr zurück, eines Tages war das Bad ausgetrocknet. Die Umkleidekabinen aus Holz fielen der damaligen Brennstoffknappheit zum Opfer. Das Stadtbad verkam zur Müllkippe. Die neue Regierung ließ die Fuhne um die Wassermühle herum verlegen, das Wasser des kleinen Flusses fließt jetzt mitten durch den Rest des ehemaligen Bades.