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Sommerpause für Verfahren

Von Claus Blumstengel 23.07.2008, 17:29

Dessau-Roßlau/MZ. - Viele Roßlauer befürchten Belästigungen durch Geruch und starken Lkw-Verkehr sowie einen Wertverlust ihrer in der Nähe liegenden Grundstücke. Immerhin sollen unter anderem jährlich 53 000 Tonnen Rindergülle und Rindermist zur Anlage transportiert werden.

Mitteilung im Amtsblatt

Der Bauherr, die proJect-Plan GmbH, hatte beim Landesverwaltungsamt einen Antrag auf Genehmigung der Roßlauer Biogasanlage laut Bundesimmissionsschutz-Gesetz gestellt. Im Juli-Amtsblatt hat das Landesverwaltungsamt bekannt gegeben, dass für die auf dem Roßlauer Ganisonsgelände geplante Biogasanlage "keine Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich ist, da von ihr "keine erheblichen nachteiligen Auswirkungen zu befürchten sind". Doch das "Vereinfachte Genehmigungsverfahren" beim Landesverwaltungsamt ruht zurzeit. "Wir können den Antrag nicht bearbeiten, da das Bauplanungsrecht noch nicht hergestellt ist", teilt Pressesprecherin Denise Vopel mit. Das heißt, es fehlt der Bebauungsplan von der Stadt Dessau-Roßlau.

Eigentlich wollte die Stadtverwaltung das Projekt ohne Bebauungsplan und damit ohne Beteiligung der Öffentlichkeit durchziehen, erfuhr die MZ von Pressesprecher Carsten Sauer. Das Baugesetzbuch erlaubt ein solches Vorgehen, wenn - wie für das Garnisonsgelände - ein entsprechender Flächennutzungsplan vorliegt. Dies gilt allerdings nicht im Außenbereich einer Stadt. Für die Biogasanlage in Roßlau ist deshalb ein vorhabenbezogener Bebauungsplan erforderlich. Dieser muss vor seiner Verabschiedung öffentlich ausgelegt werden, Betroffene erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme.

"Die Biogasanlage steht nicht in Frage", stellt Stadt-Pressesprecher Carsten Sauer fest. Wie es in der Informationsvorlage für den Bau- und Umweltausschuss heißt, werden Ausschüsse und Stadtrat nach der Sommerpause über die Einleitung eines Bauleitplanverfahrens entscheiden.

Ursprünglich wollte projectPlan die Biogasanlage am ehemaligen Schlachthof in Tornau errichten. Doch die benachbarten Pharma-Unternehmen erhoben Einspruch, weil sie Beeinträchtigungen der Produktion und einen Image-Schaden befürchten. Auch die Bauleitplanung der Stadt spricht gegen diese Ansiedlung. "In der öffentlichen Wahrnehmung werden Biogasanlagen stets auch mit Geruchs- und Keimbelastungen in Verbindung gebracht...", heißt es in der Vorlage für den Bauausschuss. Die Stadt hatte dem Investor als Alternativ-Standort unter anderem das Garnisonsgelände vorgeschlagen.

Die jetzt geplante Anlage soll sowohl Wärme als auch Elektroenergie erzeugen. Der Standort ist rund 500 Meter von den nächsten Wohnhäusern Am Heidepark entfernt. Diese Nähe wurde laut Stadtplanungsamt bewusst gewählt, damit die erzeugte Wärme verlustfrei in das Fernwärmenetz der Stadtwerke eingespeist werden kann. Auch seien die Transportwege für Gülle, Maissilage und Hühnertrockenkot günstig. Argumentiert wird außerdem mit den Vorteilen der Nutzung nachwachsender Rohstoffe sowie mit dem Nutzen für die Landwirtschaft der Region.

Ist das Baurecht hergestellt, holt das Landesverwaltungsamt Stellungnahmen der zuständigen Referate, der Stadtverwaltung Dessau-Roßlau sowie des Landesamtes für Verbraucherschutz ein. Wenn alle Voraussetzungen vorliegen, dauere es laut Pressesprecherin Denise Vopel noch drei Monate bis zur Genehmigung der Biogasanlage. Die erforderlichen Schritte lassen den Schluss zu, dass mit einem Baubeginn in diesem Jahr wahrscheinlich nicht mehr zu rechnen ist, zumal die Genehmigung "von jedem anfechtbar" ist, so Vopel.

Sorge nach Verpuffung

Zusätzliche Ängste schüren bei den Gegnern der Anlage Meldungen über verschiedene Havarien. So ist bei einer Verpuffung in der gerade in Betrieb genommenen Biogasanlage in Daugendorf, Landkreis Unterallgäu, am 16. Dezember 2007 der Fermenter geplatzt und es verteilten sich laut "Südwest Presse" 3 300 Kubikmeter Gülle und Gärsubstrat in der Umgebung. Die Ursache ist bis am Donnerstag nicht geklärt.