Schultheater Schultheater: «Wie weit kann man gehen»
Dessau/MZ. - "Vor allem interessierten wir uns für das Buch ,Hitlers Urenkel'", sagt Gabriele Tietz. In dem versucht Marneros offen zu legen, was rechtsradikale Mörder zu ihren Taten trieb, wie sie - aufgewachsen in einem rechten Milieu - zu Mördern werden konnten. "Wir haben natürlich das Gespräch mit Marneros gesucht", erzählt Tietz. So groß wie der Wunsch, dieses neue Theaterprojekt anzugehen, war schließlich auch die Skepsis darüber, wie man es am besten umsetzt. "Wie weit kann man gehen, inwieweit darf man rechten Ideen auf de Bühne
Raum geben", waren Fragen, die Schüler und Lehrer im Vorfeld bewegten. Zwei Stunden sprach die Theatergruppe schließlich mit dem Professor. "Er hat uns in seiner Bibliothek in Halle empfangen und all unsere Fragen offen beantwortet", berichtet Tietz von dem Besuch beim Buchautor. "Es ist schön, dass es jemand macht", habe Marneros am Ende den Gymnasiasten Mut gemacht. Er war einverstanden mit dem Vorhaben.
Seitdem wird geprobt. Im März soll die Premiere sein. Für den April hofft die Theatergruppe auf eine Einladung zum Schülertheatertreffen des Landes nach Magdeburg. "Jede verworfene Szene ist ein Fortschritt", berichtet Gabriele Tietz von der Probenarbeit. Die ist - wie noch bei keiner anderen Inszenierung der Fürst-Franz-Gymnasiasten - geprägt durch Gespräche und Diskussionen. "Natürlich fragen wir uns, was das Stück für eine Wirkung haben wird, welche Zuschauer wir haben werden", so die Lehrerin. Vielleicht werden in der Inszenierung Gedanken geäußert, die auch der rechte oder linke Nachbar im Publikum haben könnte. Man hoffe und vertraue auf reichliche Diskussionen nach den Vorstellungen.
Für die Inszenierung, die noch den Arbeitstitel "Hitlers Urenkel" trägt, habe man sich auf einen Fall, den Andreas Marneros beschreibt, konzentriert. "Das Schicksal von drei Beteiligten wird verfolgt", erklärt Gabriele Tietz das, was die Zuschauer erwartet. Zudem hat sich die Theatergruppe dafür entschieden neue Mittel auszuprobieren. So wird Percussion eingesetzt. Tietz spricht von sehr vielen nonverbalen Szenen. Man werde zudem auch etwas aus anderen Kulturen zeigen. Recherchen für diese Szenen führten die Schüler deshalb u. a. in das Jüdische Museum in Berlin, um dort etwas über jüdische Rituale und jüdisches Leben heute zu erfahren.
Die Beschäftigung mit der Thematik hat auch die jungen Darsteller verändert. Sie erfahren etwas über Haltungen ihrer Mitschüler, die sonst nicht Tagesthema auf dem Schulhof sind. "Durch die Einblicke in das dokumentarisch belegte Handeln der rechten Täter ziehen die Mädchen und Jungen Schlussfolgerungen für ihr eigenes Handeln", haben Tietz und Puttkammer bemerkt. Wird das auch beim Publikum geschehen? Gabriele Tietz weiß es nicht. "Ob Theater das leisten kann, ist die große Frage."