Schraders wilder Weg

Von Oliver Schröter 03.03.2005, 18:52

Dessau/MZ. - Treffen kann man Peter Schrader heute in seiner Galerie "Bauart" in der Gropiusallee, und im März auch in der Bar "Rolling Art" am Alten Schlachthof. Dort zeigt er seit Mittwoch alte und neue Werke unter dem Titel "Würzfleisch an Assemblage". Erotische Ölmalereien und Assemblages, "die Zusammenfügung verschiedener Dinge, wodurch eine neue Sinnhaftigkeit entsteht", wie er erklärt.

Der Weg bis in die Gegenwart in Dessau, wohin es Schrader 1989 durch die Teilnahme an einem Designerworkshop am Bauhaus verschlug, war aufregend, unheimlich lehrreich und begleitet von, wie er sagt, "durchgeballerten" Zeitgenossen. Die Geschichte, die der 47-Jährige Schrader erzählt, lebt von den ungewöhnlichen Wendungen, die scheinbar, vielleicht ist das seine Bescheidenheit oder Dramaturgie, ohne großes Zutun sein Leben bis heute vorantrieben und weitertreiben. Durch Zufall geriet er während seiner Ausbildung zum Möbeltischler in Berlin tiefer in die Kreise der Kunstschaffenden. Auch Udo Walz begegnete er damals und ist bis heute mit ihm befreundet. "1980 hab ich ihm sein neues Wohnzimmer für die Fasanenstraße gebaut, chinesisches Artdeko in traditioneller Schleiflacktechnik. Udo war happy."

In dieser Zeit lernte Schrader auch Claudia Skoda kennen, "Berlins erste Avantgardistin". Er zog in die Wohnung der befreundeten Strickmodendesignerin ein. Dort begegnete er den Stars der 80er Jahre. "Iggy Pop, David Bowie, der Meier von ,Yello' und die jungen Wilden, wie Salomé, Luciano Castelli oder Martin Kippenberger. Es ging in dieser Zeit nur darum zu leben."

Irgendwann entdeckte Skoda das Talent des jungen Möbeldesigners für Mode und Schrader studierte zwei Jahre Modedesign. Den Möbeln blieb er aber immer treu, mit Erfolg, und auch der kam scheinbar durch Zufall. "Ich wohnte damals in der Villa Sarotti in Berlin, vor eine Nische habe ich zwei Schranktüren gebaut. Fotos davon und von einer Holzscheibe, die ich in einem speziellen Verfahren herstellte, schickte ich zur Internationalen

Handwerksmesse nach München." Schrader gewann den Innovationspreis für Deutschland und lernte dort eine Engländerin kennen. Er folgte ihr nach London und studierte nur wenige Wochen später Interior Design am Royal Collage of Art.

Seit 1995 lebt Schrader nun in Dessau, hatte keine Lust mehr zwischen Berlin und seiner neuen Familie in Dessau zu pendeln. Sein Atelier fand er in der Jonitzer Mühle und 2000 eröffnete er die Galerie Bauart. In ihr verkauft er Bauhaus-Originale, Lizenzprodukte, seine eigenen Werke und hochwertige Kunst aller Art. "Ich lebe praktisch in der Schizophrenie zwischen Künstler und Galerist." 2003 verkaufte er das Model eines skulpturhaften Wohnzimmerschranks an den griechischen Botschafter Dimitrios Kypreos. "Jetzt steht ,Das Model, das kein Möbel werden wollte' unter einigen Werken der russischen Konstruktivisten in seiner Residenz, das macht mich schon stolz", sagt Schrader.

Als nächstes will er mit zwei Stücken ins Marta-Museum in Herford, die Verhandlungen mit Deutschlands erstem Museum für Möbeldesign laufen auf Hochtouren. Schraders wilder Weg geht also weiter. Dieser Tage führt er durchs "Rolling Art". Wer mehr über den Künstler erfahren will, der schaut am besten dort vorbei. Aber bitte etwas Zeit mitbringen.