Scheibe Nord im Zentrum Scheibe Nord im Zentrum: Schlechte Bedingungen für alte und kranke Mieter

Dessau - Wieder ist der Lift in der „Scheibe Nord“ im Zentrum Dessaus ausgefallen. Seit Dienstag ist er nicht nutzbar - doch die Mehrheit der Bewohner im Haus sind vor allem alte und auch kranke Menschen. Und die sind nun sauer, weil der Lift aus ihrer Sicht zu oft nicht einsatzbereit ist. Die Dessauer Wohnungsbaugesellschaft (DWG) verspricht Abhilfe und will die Ursache für die gehäuften Ausfälle finden.
„Hätten wir das gewusst, wären wir nicht hierher gezogen. Altengerecht ist das nicht!“, sagen Sigrid und Manfred Hartwig. Vor vier Jahren kamen die Eheleute, die beide bald 77 Jahre alt werden, in die Scheibe. Die zentrumsnahe Wohnlage hat Vorteile. Rathaus, Einkauf oder Friseur gleich nebenan, vom Laubengang oder Balkon weiter Blick über die Stadt. Die siebengeschossige „Scheibe Nord“ zwischen Ratsgasse und Hobuschgasse hat durchaus ihre Freunde. Die DWG betreut als Vermieter an diesem Standort insgesamt 56 Wohnungen, 53 sind vermietet.
Viele Mieter brauchen den Lift
In der Hobuschgasse 5 ist der Lift ein wichtiger Zugang zum Fahrstuhl im Hochparterre. Um auf die Fahrstuhlebene zu gelangen, sind von Vorder- oder Hintereingang acht Stufen zu überwinden. Diese eineinhalb Höhenmeter schaffen die meisten Mieter nicht mehr allein. „Das Ding ist ständig kaputt“, schimpft Franz Walter, der seit 1993 in der Scheibe wohnt. Auch Ingo Ehrlich, 79 Jahre, der aus einem Y-Haus in die Hobuschgasse kam, hat den Lift häufiger defekt als in Funktion erlebt. „Und mein Arzt hat angekündigt, dass er mir demnächst einen Rollator verordnen will“, zieht der weißhaarige Witwer die Schultern hoch.
Bewohner organisierten am Dienstag selbst Hilfe. Verwandte oder Vertraute, die beim Treppengang stützten oder sogar trugen. Die DWG will den Schaden bis Donnerstag reparieren lassen. Sie bietet aber auch einen Tragedienst an, der die nächsten Tage helfen soll und telefonisch gerufen werden kann. Der Dienst ist kostenfrei. Warum der Lift erneut ausfiel, ist auch bei der DWG ein Rätsel. „Er wurde hier am Vortag bereits einmal repariert“, so Pressesprecher Walter Matthias. Die erneute Reparatur ist umgehend beauftragt worden. „Wir gehen davon aus, dass der Lift am 31. August wieder in Betrieb genommen werden kann“.
Anspruch auf Alternativen bei Lift-Ausfallzeiten
Der Fahrstuhl ab dem Hochparterre war im Rahmen der Gebäudesanierung erneuert und erweitert worden. Um älteren und kranken Bewohnern den Zugang zu erleichtern, hatte die DWG einen Lift installiert, der im Bedarfsfall von den Mietern mit einem Schlüssel selbst betrieben werden kann. Und die Nachfrage ist groß. Rollatoren, Rollstühle oder Elektroscooter gehören in vielen Wohnungen zum Hausstand. Für Lift-Nutzung samt Schlüssel leisten die Mieter eine Kostenbeteiligung von fünf Euro im Monat. Damit haben sie einen Anspruch auf Alternativen bei Lift-Ausfallzeiten, spricht Matthias von einem vertraglichen Anspruch, den die Mieter für ihre Mobilität geltend machen können. Deshalb hat die DWG den Tragedienst organisiert.
Doch der Lift wird zunehmend zum Sorgenkind in der Hobuschgasse 5. Beim Vor-Ort-Besuch der MZ bildete sich am Dienstag umgehend eine Menschentraube im Hausflur. Gibt es binnen zehn Minuten drei Szenen, da alte Damen mit Rollatoren von verschiedenen Wegen aus der Stadt kommen und sich mit Unterstützung zum Fahrstuhl hochkämpfen.
DWG lässt Ursachen ermitteln
Weil der Lift immer wieder streikte, konnte Familie Hartwig schon mehrere Arzttermine nicht wahrnehmen. „Meine Frau ist zweimal am Rücken operiert worden und auf den Scooter angewiesen“, sagt Manfred Hartwig.
Langfristig nun veranlasste die DWG eine Ursachenermittlung für die Lift-Ausfälle. „Die Frage ist, worauf sind sie zurückzuführen und welche Alternativen sind möglich?“, so Matthias. Nach Vorlage der Ergebnisse sollen dann eventuell auch technische Veränderungen geprüft werden.
(mz)