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Schätze in den eigenen vier Wänden

Von ULRIKE WOHLFAHRT 29.11.2009, 20:14

DESSAU/MZ. - Vor allem Besitzer von Schmuck, Porzellan und Gemälden fanden den Weg in das Museum für Stadtgeschichte. Ein barocker Fingerring aus Silber, ein französisches Armband aus Rubinen und Diamanten und ein Schmuckstück aus Amethysten und Orientperlen beeindruckten Kristina Schlansky von der Kulturstiftung Dessau- Wörlitz und den Kunsthistoriker Dr. Carl Ludwig Fuchs. "Das waren wirklich außergewöhnliche Stücke, die man nicht jeden Tag sieht", erklärt Kristina Schlansky.

Ein Aschenbecher aus Meißner Porzellan aus dem Jahr 1940 hatten es Fuchs und Roger Hochmuth, Kenner von Kunsthandwerk und Porzellan aber auch angetan. "Auf diesem Stück sind alle Junkerflugzeuge zu sehen. Dies ist vor allem lokalhistorisch sehr relevant und von großer Bedeutung", meinte Dr. Carl Ludwig Fuchs.

Jörg Niemann ist sehr stolz auf dieses besondere Andenken an seinen Vater. "Er war Diplom-Ingenieur und hat den Junkersflugplatz mit entwickelt. Als Präsent erhielt er dann diesen Aschenbecher und vererbte ihn später an mich", sagte Niemann.

Eine wunderschön bemalte Fayence brachte Eberhard Zühlke mit in den Johannbau. "Ich erfuhr aus der MZ von dieser Veranstaltung und da ich bis jetzt nie die Gelegenheit gehabt habe, diese Vase bestimmen zu lassen, nutze ich eben diese Möglichkeit", meinte er. Er erwarb das Stück 1980 in einem Antiquitätenladen und hat es in seinem Haushalt als Dekoration stehen. "Fayencen sind Imitate, die eigentlich aus Ton sind und durch Glasierungen und mehrfaches Brennen Porzellan zum Verwechseln ähnlich sind", erklärte Zühlke, der diese Nachbildung aus der Neorenaissance vor allem kaufte, weil er über die Jahre mit einer nicht unerheblichen Wertsteigerung rechnete. Ob dies tatsächlich so ist, konnten die drei Experten auf den ersten Blick nicht feststellen. Doch sie wollen recherchieren und vielleicht können sie dem MZ-Leser in einigen Wochen eine positive Nachricht überbringen.

Weitere Highlights für die Kenner von Kunsthandwerk und Porzellan waren eine römische Scherbe, ein Besteck aus der Zeit des Jugendstils und eine Puderdose aus dem Rokoko sowie eine Streichholzschachtel - alles aus edlem Silber.

Aber auch für die anderen Experten gab es das ein oder andere Schmankerl. Für Wolfgang Savelsberg und Reinhard Melzer, die für Bilder und Grafiken zuständig waren, gab es zwar nur ein wirkliches Schmuckstück, aber dafür ein außergewöhnliches. Ein Gemälde mit einem Mädchen im Mohnfeld zog die Aufmerksamkeit der beiden auf sich. "Die Verwendung von Rot- und Grüntönen sowie der dicke Farbauftrag sind außergewöhnlich", so Melzer. Sogar der Rahmen des Bildes ist im Originalzustand. "Dies ist mit Abstand das Schönste, was wir heute zu Gesicht bekommen haben", befanden Wolfgang Savelsberg und Reinhard Melzer einstimmig.

Zur Stammbesucherin ernannt

Der Besitzerin dieses Schatzes, ein Erbstück, hatte das geahnt, denn immerhin ist sie jedes Jahr bei "Lieb und teuer" dabei. "Mir wurde gerade erklärt, dass es von einer französischen Malerin oder einem französischem Maler stammt und in einem Salon gehangen haben könnte", bemerkte Lydia König stolz. "Es ist immer wieder interessant und ich erfahre so viel und lerne dabei und das ist mir das Wichtigste", meinte die Walderseerin.

Für ihre Bekannten Axel Landmann und seine Frau Marlies ging es darum, einfach mal zu gucken, was die Leute so alles mitbringen. Sie waren zum ersten Mal dabei und Axel Landmann zeigte sich begeistert. "Ich bin ein Kunstfan und deshalb ist eine solche Veranstaltung für mich einfach toll", freute er sich. Er hatte eine sehr schöne Bibel aus dem Jahr 1767 mitgebracht. "Sie sieht wunderbar aus, insbesondere die in ihr enthaltenen Kupferstiche, aber kostbar ist sie nicht", schmunzelte er.

Dafür hatte der Fachmann für Münzen und Militaria Uwe Springer schöne Stücke in seinen Händen. Eine mittelalterliche Goldmünze aus dem Jahr 1559 und eine Ordensspange eines Unteroffiziers aus Oldenburg zauberten ein Lächeln auf seine Lippen. "So etwas ist schon eher selten", stellte er fest. Auch eine original Anhalt-Medaille samt Etui, sei sicher auch nicht alltäglich.

Hans-Joachim Mellies, der für alle Dinge zum Thema Anhalt zuständig war, konnte sich über einen als Tagebuch genutzten Kalender freuen, den ihm ein Besucher zeigte. "Darin befinden sich mit Bleistift festgehaltene Aufzeichnungen über Erlebnisse und Reisen einer der Leopolde von Anhalt", sagt Mellies.

Auch Ines Schroeter war eine der Besucherinnen, die mit vollen Taschen und allerhand Interessantem in den Johannbau kam. Bilder, ein Foto eines Vertikos aus dem 18. Jahrhundert und eine Singer Nähmaschine von 1920 fanden sich in ihrem Rucksack. "Vieles habe ich schon lange weggestellt und nun möchte ich einfach mal wissen, ob ich es endgültig entsorgen kann oder ob es etwas wert ist", sagte sie. "Ich lasse mich einfach mal überraschen, mal sehen was am Ende herauskommt."

Auch die Eheleute Busse, die Experten für Uhren aller Art sind, hatten ein Highlight auf ihrem Tisch - eine prachtvolle Kaminuhr. "Sie ist aus der Zeit des Biedermeiers und ausgesprochen gut erhalten. Das ist sehr selten", bemerkt Rüdiger Busse.

Der ideelle Wert zählt

Letztendlich hatte jeder der Experten einige nicht nur schöne, sondern auch wirklich wertvolle Stücke in der Hand. Doch im Großen und Ganzen zählten vor allem die ideellen Werte und die sind mit keinem Geld der Welt zu bezahlen. So stand die Aktion "Lieb und teuer" in diesem Jahr eher unter dem Motto "Lieb und weniger teuer", denn so mancher hatte am Ende des Tages die fast vergessenen Dinge wieder so richtig lieb gewonnen.