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Rätsel der Natur Rätsel der Natur in Dessau: Albino-Schwarzkittel in der Wasserstadt?

Von Silvia Bürkmann 15.05.2017, 13:30
Den sechs bunten Ferkeln gefällt es offenbar  auf dem Deich.
Den sechs bunten Ferkeln gefällt es offenbar  auf dem Deich. Video Kunick

Dessau - „Guck dir das mal an“, forderte ein Nachbar Friedrich Kunick auf: Und was sah der Inhaber des gleichnamigen Autodienstes in der Dessauer Wasserstadt an der Mauer hinter seiner Firma:Albino-Schwarzkittel! Wunder oder Laune der Natur?

Grunzendes Sextett am Deich zur Mulde

Über den zur Mulde abfallenden Deich in der Wasserstadt marschierte eine Frischlings-Rotte - immer der Nase nach mit den Rüsseln unter der grünen Grasnarbe. Ein buntes Sextett: Drei der Wildschwein-Jungtiere tragen das übliche, mittelbraune Fell mit hellen Längsstreifen von der Schulter bis zu den Hinterbeinen. Die drei anderen sind gescheckt mit schwarzen Flecken auf deutlich hellerem Grund.

Friedrich Kunick ist fasziniert von diesen Außenseitern. Sucht sich hinter der Schutzmauer einen sicheren Fleck und nimmt ein Video auf. „Die Jungtiere liefen ganz entspannt und neugierig über den Damm. Aber da lag bestimmt die Bache noch im Gebüsch und hat ihre Jungen beobachtet und bewacht.“ Also hat Kunick umsichtig darauf geachtet, die Tiere von seinem durch die Mauer gesicherten Beobachtungsposten nicht aufzustören. Oder die Wildschwein-Mutter zu reizen.

Schonzeit während Aufzucht

Natur hautnah vor der Haustür zu erleben, ist für Dessauer nichts Ungewöhnliches und wird weitgehend toleriert. Aber Wildschweine auf dem Hochwasserschutzdeich zu haben, ist nicht nur, aber gerade für leiderfahrene Walderseer ein Problem. „Die machen hier schon wieder einen erheblichen Schaden“, beobachtet Anrainer Friedrich Kunick.

Die ungefährdete, große Population erlaubt auch in Sachsen-Anhalt wie im benachbarten Freistaat Sachsen eine ganzjährige Jagdzeit für Schwarzwild vom 1. Januar bis 31. Dezember. Frischlinge, Überläufer, Bachen oder Keiler - die Jäger dürfen alles ins Visier nehmen. Ausgenommen sind allein die Frischlinge führenden Bachen.

Mit Anstieg der Schwarzwildbestände und immer häufiger „frischender“ Sauen hat Sachsen-Anhalt 2010 die Schwarzwildbejagung neu geregelt und die Rechtslage deutlich entschärft: So bleibt vom 1.März bis 30. Juni, also in der eigentlich regulären Aufzuchtzeit der Frischlinge, zwar der Abschuss einer führenden Bache weiterhin eine Straftat mit Konsequenzen bis zur Entziehung des Jagdscheines. Vom 1. Juli bis zum 28.Februar eines jeden Jagdjahres indes wird die Bejagung der Schwarzkittel auch in der „Setzzeit“ zugelassen.

Kreisjägermeister gibt Entwarnung: Zwei Arten kreuzten sich

Was die gescheckten Frischlinge in der Wasserstadt angeht, gibt Kreisjägermeister Michael Mitsching lachend Entwarnung. „Das ist keine Erkrankung und keine Gefahr. Da haben sich irgendwann im vorigen Jahrhundert mal Hausschweine in die wilde Rotte gemischt und eingekreuzt.“

Zu Kreuzungen außerhalb der Art, aber innerhalb der biologischen Familie „echte Schweine“, kam es, als Hausschweine als Weideschweine gehalten und zur Mast in den Wald gebracht wurden. Das Gen der Mischlinge wurde weitervererbt und offenbart sich in neuer Farbpigmentierung des Fells. Weil nicht dominant, sondern rezessiv (zurücktretend) vererbt, taucht der Defekt auch nicht in jeder, sondern in beliebig entfernter Generation auf. Eben immer mal wieder. (mz)