Ratke-Institut Ratke-Institut: Auf den Spuren vergangener Zeiten
Köthen/MZ. - Bei manchen locker mehrere Jahrzehnte. Die Lehrerausbildung in der Köthener Lohmannstraße hatte eine weit zurückreichende Tradition, ehe sie 1997 auf Befehl aus Magdeburg abgebrochen wurde. Wie viele Frauen und Männer in Köthen in all den Jahren zu Lehrern ausgebildet wurden, blieb am Samstag zwar unerwähnt, aber immerhin knapp 50 Besucher waren der Einladung der Homöopathie- und Wissenschaftsservice Köthen GmbH gefolgt, an einem Treffen ehemaliger Studenten und Lehrkräfte Köthener Lehrerbildungseinrichtungen teilzunehmen.
Das - standesgemäß - mit einem längeren Aufenthalt im Hörsaal 211 des ehemaligen Ratke-Instituts begann, wo u.a. OB Kurt-Jürgen Zander die Gäste begrüßte und Prof. Dr. Hans-Joachim Schwier, von 1990 bis 1996 Direktor des Instituts für Grundschulpädagogik und heute an der Martin-Luther-Universität tätig, einen Vortrag über die "Ausbildung von Grundschullehrern heute" hielt.
Danach übernahm Wolfgang Fischer das Heft des Handelns. Der Mitarbeiter im Fachbereich Informatik der Hochschule Anhalt - heutiger Hausherr in der Lohmannstraße - war den Gästen ein gut informierter Cicerone von der Mensa bis in die Seminarräume.
Vor allem die Mensa sieht inzwischen deutlich anders aus als die Ex-Kommilitonen den Speisesaal noch in Erinnerung hatten. Kein Wunder, schließlich präsentiert sich der Raum seit Februar dieses Jahres nach einer halbjährigen Umgestaltung und Sanierung in einem neuen Kleid. Nicht nur zur Freude von Mensaleiterin Christine, die gemeinsam mit einer Kollegin den täglichen Ansturm von 100 bis 120 hungrigen Studenten meistern muss. Wobei der Löwenanteil der Versorgung allerdings von der ebenfalls vom Studentenwerk betriebenen Hauptmensa an der Fasanerieallee geliefert wird.
Den Kontrapunkt zur funkelnagelneuen Mensa setzte der große Hörsaal, der mehr oder minder einer Ruine gleicht und für den sich Wolfgang Fischer wünscht, dass er wieder nutzbar gemacht wird. Heute ist das Interessanteste am Saal die Tafel, auf der schon etliche Besucher ihre Spuren hinterlassen haben - Studenten, die sich 1959-61 hier über ihre Mitschriften beugten, die Seminargruppe MC 74 / 1 und andere. "Falls Sie sich verewigen wollen...Ich habe Kreide mit", ruft Wolfgang Fischer in den Saal. Größer ist die Reaktion, als eine noch aus DDR-Zeiten stammende leere Milchflasche gefunden wird. Birgit Damköhler lässt es sich nicht nehmen, das Relikt vergangener Zeiten zu fotografieren. Die Frau aus Magdeburg, die heute Lehrerin am Gymnasium Blankenburg ist, hat von 1980-84 in Köthen Biologie / Chemie studiert und hat noch einige Erinnerungen an den Hörsaal. Zum Beispiel an den Assisstenten des Professors, der die Tafel so schnell abwischte, dass er sogar Applaus dafür bekam.
Rosemarie Ulbricht ist gebürtige Köthenerin, ist im Jürgenweg groß geworden. Nach dem Studium hat es sie nach Dresden verschlagen, wo sie Lehrerin für Rechnungswesen an einer Berufsschule ist. "Ich bin seit dem Studium zum ersten Mal wieder hier an der Einrichtung", sagt sie und sieht sich neugierig um. Auch sie hat eine Hörsaal-Geschichte auf Lager. "Dort waren immer die M / L-Vorlesungen. Und bei den Samstag-Vorlesungen wurden Strichlisten geführt. Wer fehlte, bekam zehn Mark vom Stipendium abgezogen."
Organisator Hans-Werner Thote kann zufrieden sein. Auch der Rest des Tages kam bei den Gästen gut an - die Stadtrundfahrt ebenso wie der Klön-Abend im Brauhaus. "Dafür, dass wir das zum ersten Mal gemacht haben und dass die Einladung sehr kurzfristig war, ist die Resonanz gut. Wir hatten Gäste aus allen ostdeutschen Bundesländern." Als ungünstig habe sich der Termin direkt am Schuljahresende herausgestellt. "Da haben viele Lehrer noch mit den Zeugnissen zu tun. Beim nächsten Mal werden wir uns ein anderes Datum aussuchen."