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Radtourismus ausgebremst Radtourismus ausgebremst: Geschäft mit Leihfahrrädern ist in Dessau-Roßlau schwierig

Von Sylke Kaufhold 27.04.2019, 10:00
Uwe Seeger von Little John Bikes versorgt die Kunden auch mit Leihfahrrädern.
Uwe Seeger von Little John Bikes versorgt die Kunden auch mit Leihfahrrädern. Thomas Ruttke

Dessau - Dessau-Roßlau müht sich um Radtouristen und lockt mit seiner Vielzahl an Radwanderwegen. Damit die Gäste auch die Stadt kennenlernen, wird der Verlauf des Elberadwegs künftig durch die Innenstadt führen. Im Jahr des Bauhausjubiläums wurde die Fülle der touristischen Radtouren um eine Bauhausarchitektur-Tour erweitert. Ein breites Angebot also.

Für Touristen, die kein eigenes Rad dabei haben, bieten die Hotels einen Leihservice an. Auch die Touristinformation hat seit dem vorigen Jahr ein erweitertes Leih-Angebot im Portfolio. Direkt in der Stadt Fahrräder auszuleihen, bleibt aber dennoch schwierig.

Die Mobilitätszentrale am Bahnhof hat vor zwei Jahren das Leihgeschäft mit Fahrrädern eingestellt. „Zu wenig Nachfrage und nicht wirtschaftlich“, lautete die Begründung der Dessauer Verkehrsgesellschaft als Betreiber. Im vorigen Jahr ist die Mobilitätszentrale vom Vorplatz in das Bahnhofsgebäude gezogen. Hier gebe es auch räumlich keine geeigneten Bedingungen, erklärt Unternehmenssprecher Christian Mattke. „Bei Nachfragen verweisen wir an die Touristinfo und die Fahrradhändler.“

Fachhändler zeigen sich beim Thema Radverleih indes sehr zurückhaltend

Die Fachhändler zeigen sich beim Thema Radverleih indes sehr zurückhaltend. Lediglich die Firma Little John Bikes (ehemals Radhaus Becker) bietet diesen Service noch an. Der bisherige zweite im Bunde, Radprofi in der Zerbster Straße, wird sich in diesem Jahr aus dem Leihfahrradgeschäft zurückziehen. „Wir können das nicht mehr händeln“, begründet Inhaber Thomas Siegel diese Entscheidung.

Vier Fahrräder hat die Touristinformation Dessau-Roßlau dauerhaft bereitstehen. Bei Bedarf könne diese Zahl aufgestockt werden. „Vor Ostern haben wir aufgrund vieler Anfragen bei unserem Partner auf zehn Räder aufgestockt“, berichtet Sarah Koch, Mitarbeiterin der Touristinformation. Partner in Sachen Fahrradverleih ist die Mittelelbe Tourismus GmbH.

Das Unternehmen mit Sitz am Olympiasee in Coswig hat mehr als 80 Tourenräder , acht E-Bikes und zehn Kinderräder im Bestand und bietet den An- und Abtransport der Räder als Serviceleistung. In Dessau-Roßlau ist die Touristinformation ein Hauptpartner, informiert Firmenchef Lars Dähne.

Mit 24 Leihfahrrädern ist das Little John Bike der größte Verleiher in der Stadt

Jeweils vier Fahrräder aus Coswig stehen außerdem in der Jugendherberge, im Dormero-Hotel und in den Elbterrassen bereit. „Auch hier stocken wir auf Anfrage auf, beispielsweise für Gruppen“, so Dähne. Das Hotel Radisson Blu und das Prellerhaus ordern Räder nach Bedarf.

Auch private Nachfragen werden vom Mittelelbe Radverleih bedient. „Wer für den Besuch zu Hause zusätzliche Räder braucht, kann sie bei uns bestellen, wir bringen und holen sie.“ Prinzipiell sei auch eine One-Way-Nutzung des Rades möglich.

Diese kann Little John Bikes nicht anbieten. „Das überfordert uns“, sagt Christian Mohs, der für den Verleih zuständige Mitarbeiter. Mit 24 Leihfahrrädern, davon vier E-Bikes, ist das Fahrradfachgeschäft der größte Verleiher in der Stadt. Allerdings könnten sie diesen Service nur innerhalb ihrer Öffnungszeiten anbieten, macht Mohs auf ein großes Manko aufmerksam. Und die Räder müssen von den Kunden in den Laden zurückgebracht werden.

„Im Bauhausjahr ist das alles echt peinlich“

„Das Einsammeln der Räder irgendwo in der Gegend können wir ebenso nicht leisten, das mache ich manchmal sonntags privat. Aber das ist keine Lösung“, so Mohs. Dass die Touristen und Gäste für diese Einschränkungen kein Verständnis haben, versteht Mohs. „Im Bauhausjahr ist das alles echt peinlich.“ Er sieht bei diesem Thema die Stadt in der Pflicht, nach einer Lösung zu suchen. Der Fahrradhändler an der Museumskreuzung ist in diesem Jahr der einzige mit einem Verleih-Service.

Für das Handling mit den geliehenen Rädern müsste es eine gesamtstädtische Lösung mehrerer Kooperationspartner geben, findet Christian Mohs. Mit einer Mobilitätszentrale, bei der alle Fäden zusammenlaufen und Fahrradautomaten, wo die Räder nach der Nutzung abgestellt und bezahlt werden können. Auch Bike-Sharing wäre eine Idee. „Wenn wir eine Fahrradstadt sein wollen, müssen wir das hinkriegen.“ Dass ein Leihrad online „gebucht“ werden kann, versteht sich für Christian Mohs von selbst.

Für ein florierendes öffentliches Leihradsystem sei die Stadt Dessau-Roßlau nicht groß genug

Öffentliche Leihfahrräder seien seit vielen Jahren ein Thema in der Stadt, sagt ADFC-Vorstand Stephan Marahrens. „Aber eine einfache Lösung gibt es dafür nicht.“ Hauptproblem sei die Wirtschaftlichkeit. „Es ist schwierig, damit Geld zu verdienen, denn der Aufwand ist sehr hoch.“ Die Stadt alleine könne dies aus diesen Gründen nicht leisten, es bräuchte jemanden, der bereit ist, zu investieren. Für ein florierendes öffentliches Leihradsystem sei die Stadt aber nicht groß genug, die Nachfrage zu klein.

Im Hotel „7 Säulen“ stehen zehn Leihfahrräder bereit. „In erster Linie sind sie natürlich für unsere Hotelgäste“, sagt die stellvertretende Hotelleiterin Alexandra Labbert. „Wir verleihen aber auch an Nicht-Gäste, wenn noch Räder da sind, denn die sind sehr nachgefragt.“ Geradelt werden kann täglich bis 21 Uhr abends, dann müssen die Drahtesel zurück ins Hotel gebracht werden. (mz)