Prozess um neunfache Brandstiftung Prozess um neunfache Brandstiftung in Dessau-Roßlau: Verstorbene Zeugen könnten zum Freispruch führen

Dessau-Roßlau - Ein Verfahren wegen neunfacher Brandstiftung vor dem Landgericht Dessau könnte mit einem Freispruch enden. Zumindest die Staatsanwältin und der Verteidiger halten angesichts der Beweislage eine Verurteilung des Angeklagten für wenig wahrscheinlich und haben dies der Strafkammer signalisiert.
Laut Anklage sollen im Jahr 2009 zwei junge Männer aus Dessau innerhalb weniger Monate immer wieder nachts losgezogen sein, um Autos abzufackeln und einmal auch Strohballen.
Den höchsten Einzelschaden hatte ein Autovermieter, hier gingen Autos im Wert von 265.000 Euro in Flammen auf. Der Gesamtschaden soll sich auf 395.000 Euro belaufen haben.
Im Laufe der Zeit sind mindestens drei Zeugen verstorben
Das Problem: Es gab zwar schon im Jahr 2010 Tatverdächtige, doch bis zum erstinstanzlichen Verfahren dauerte es geschlagene sieben Jahre - das ist selbst für die oftmals ohnehin langsame und überlastete Justiz sehr ungewöhnlich.
Im konkreten Fall sind im Laufe der Zeit mindestens drei Zeugen verstorben, darunter zwei für das Verfahren zentrale: Der ehemalige Mitangeklagte und dessen Vernehmer. Die Staatsanwältin: „Einen solchen Fall hatte ich noch nicht.“
Der Mitangeklagte hatte die Taten gestanden und erklärt, wie er die Autos und Strohballen in Brand gesteckt hatte. Mit den Brandstiftungen habe man die Feuerwehr beschäftigen wollen, hatte er gegenüber der Polizei ausgesagt und geschildert, dass man das Feuer bei dem Autovermieter von einer nahe gelegenen Tankstelle aus beobachtet und dabei Bockwurst gegessen habe. Von einem Mittäter war nicht von Anfang an, sondern erst später die Rede.
Gesprächsprotokolle nicht so aussagekräftig wie eine mündliche Aussage
Von diesen Aussagen gibt es Protokolle, diese aber erfassen wie üblich nicht den Wortlaut. Das Gericht könnte diese verlesen - doch das ist rechtlich immer eine Krücke, weil im deutschen Strafrecht das Prinzip der Unmittelbarkeit und Mündlichkeit zählt, und das sind nun einmal Aussagen vor Gericht.
Gibt es Abweichungen zwischen der Vernehmung dort und früheren, werden die Protokolle genutzt, um Widersprüche eventuell doch noch aufklären zu können.
Freispruch wahrscheinlicher als eine Verurteilung
Bei den Brandstiftungen funktioniert das von vornherein nicht. Es besteht nicht der Hauch einer Chance herauszufinden, warum der inzwischen verstorbene Mitangeklagte zuerst allein gezündelt haben will und später einen Mittäter angab.
Weil er einen solchen zunächst schützen wollte? Weil er sich später rächen oder entlasten wollte? Angesichts dieser zwangsläufig nicht beantwortbaren Fragen scheint ein Freispruch wahrscheinlicher als eine Verurteilung - nebenher würden noch etliche Verhandlungstage eingespart. (mz)