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Prozess um Kindesentziehung Prozess um Kindesentziehung: Vater aus Dessau hatte sich in Thailand mit den Kindern abgesetzt

Von Thomas Steinberg 01.05.2018, 07:00
Der Angeklagte war mit den Kindern nach Thailand gereist.
Der Angeklagte war mit den Kindern nach Thailand gereist. dpa/Picture Alliance

Dessau - Vermutlich würden seine Worte auf keinen fruchtbaren Boden fallen, meinte der Richter zum Abschluss. Dennoch wolle er die Beteiligten daran erinnern - es gehe um Kinder, und für die sei die Situation nicht optimal. Wenige Minuten zuvor hatte das Landgericht Dessau Reinald F. (Name geändert) wegen Kindesentziehung zu 100 Tagessätzen à 15 Euro verurteilt.

Niemand, so der Kammervorsitzende Thomas Knief, habe bestritten, dass F. ein guter Vater sei. Aber er habe sich der Mutter gegenüber schäbig verhalten und sich mit den Kindern über Wochen „irgendwo herumgetrieben“.

Dieses Irgendwo liegt in Thailand. F. hatte dort viele Jahre gelebt und Mi S. (Name geändert) kennen gelernt, eine Burmesin. Die beiden werden ein Paar, bekommen zwei Kinder. F. pendelt zwischen Deutschland und Thailand. Als das aus finanziellen Gründen nicht mehr möglich ist, zieht die ganze Familie nach Dessau, auch weil die Kinder hier aufwachsen sollen und sich der schwierige rechtliche Status der staatenlos geborenen Kinder eher klären ließ als in Thailand.

Anfang 2016 hatten sich die Eltern auf den wöchentlich wechselnden Aufenthalt der Kinder geeinigt

Doch bald werden die Krisensymptome in der Beziehung unübersehbar. F. schweigt, S. schildert die Situation aus ihrer Sicht, die wenig gemein hat mit den Erklärungen seiner Mutter vor Gericht. Wie auch immer - das vorangegangene Geschehen soll hier, wie bei der strafrechtlichen Beurteilung, keine Rolle spielen. Das ist Sache der Familiengerichte und des Jugendamtes.

Fest steht: Anfang 2016 hatten sich S. und F. auf den wöchentlich wechselnden Aufenthalt der Kinder geeinigt. Das funktionierte wohl auch leidlich. Was Anfang Februar 2016 geschah, ist nur aus den Erzählungen von ihr bekannt, F. hat sich darauf versteift, nichts zur Sache zu sagen.

S. sagt, F. habe sie mit seinem Auto auf dem Weg zu ihrer Unterkunft im Frauenhaus abgepasst und gebeten, ins Auto zu steigen. Dort habe er ihr erklärt, man werde mit den Kindern - die seien schon in Frankfurt am Main bei der Oma - gemeinsam in Thailand Urlaub machen. F. habe ihr mit einer Spritze gedroht, die sei mit HIV verseucht. Dann sei man nach Frankfurt gefahren, wo die Kinder tatsächlich mit seiner Mutter am Flughafen warteten.

Unübersichtliche Lage beim Thailand-Aufenthalt

In Thailand angekommen, verschwindet nach einigen Tagen er mit beiden Kindern, nimmt ihren Pass und das Geld mit. Behauptet sie. Und auch, dass sie ihn eine Woche nicht erreicht habe. Dann sei er ans Telefon gegangen und habe erklärt, mit den Kindern am Meer zu sein. Wo genau habe F. nicht verraten. In einer verlesenen Zeugenaussage aus dem früheren amtsgerichtlichen Verfahren wird behauptet, sie sei informiert gewesen.

Die Lage von S. ist kompliziert, weil sie sich inzwischen illegal im Thailand aufhält und sich Geld von Verwandten und Bekannten borgen muss. Per Messenger nimmt sie Kontakt zum Frauenhaus auf, das eine Anwältin einschaltet und S. schließlich rät, nach Deutschland zurückzukehren.

Komme der Vater mit den Kindern vor ihr an, sei ihr Sorgerecht verwirkt. S. beherzigt den Tipp und kommt - ohne Kinder - zurück nach Deutschland, obwohl sie diese dann doch vorher gesehen hat. Warum sie die dann nicht mitgenommen habe, will das Gericht wissen? Weil sie im Falle von Problemen in Thailand als Burmesin keine Hilfe zu erwarten gehabt hätte.

Strafmaß bleibt bei 100 Tagessätzen

Für den Verteidiger ist Angst kein Grund, nicht die „Herausgabe“ der Kinder zu verlangen. Er führt auch weitere Argumente ins Feld, um seinen Antrag auf Freispruch zu begründen, während die Staatsanwaltschaft eine höhere Strafe als noch vom Amtsgericht ausgeworfen fordert.

Am Ende bleibt es bei den dort verhängten 100 Tagessätzen, nur deren Höhe wird um fünf Euro verringert, weil sich F.’s Einkommenssituation verschlechtert hat. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. (mz)