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Porno-Abo wider Willen Porno-Abo wider Willen: Ein Fremder missbraucht die Identität einer Dessauerin

Von Lisa Garn 08.06.2018, 08:18
Oxana Rodau hat Anzeige wegen Betruges gestellt.
Oxana Rodau hat Anzeige wegen Betruges gestellt. Leserfoto

Dessau - Es begann mit einer Anmeldung bei einer Porno-Seite im Internet. 60 Euro kostete das Abo, abgebucht wurde der Betrag im Februar vom Konto Oxana Rodaus. Ohne ihr Wissen, ohne ihr Einverständnis. Da dachte die Ergotherapeutin noch an einen schlechten Scherz.

Mit den Nerven am Ende

Dann sollte plötzlich ihr Bankkonto gekündigt werden. Inzwischen ist die 39-Jährige mit den Nerven am Ende. Sie bekommt fast jeden Tag Post oder Bestellungen, die in ihrem Namen beauftragt wurden. Handys, Unterwäsche, Kreditanträge, Anmeldungen für Weiterbildungen. Rodau hat bei der Polizei eine Anzeige wegen Betruges gestellt.

„Jemand gibt meine Kontonummer an, meinen Namen, einen Geburtstag, eine Anschrift, eine E-Mail-Adresse - und das reicht, um mir das Leben zur Hölle zu machen.“ Die Bestellungen von Waren und Dienstleistungen haben sich mit den Monaten gesteigert. Außerdem wurde sie beim Gesundheitsamt, beim Zoll, beim Finanzamt angezeigt. „Ich bin nur noch damit beschäftigt zu überlegen, was als nächstes kommt. Ich kann um vier Uhr in der Früh nicht mehr schlafen, prüfe ständig mein Konto, habe Angst zum Briefkasten zu gehen“, sagt Oxana Rodau.

Die Ergotherapeutin ist Opfer von Kriminalität und Stalking über das Internet geworden. Es ist eine der Schattenseiten der digitalen Welt: Immer mehr Waren und Dienstleistungen werden im Netz bestellt. Und immer öfter werden dafür Daten missbraucht. Wer betrügen will, hat es leicht: „Oft stehen Daten zu Adresse und Telefonnummer in einem öffentlichem Verzeichnis wie Telefonbuch und Internet“, sagt Anne Neumann von der Verbraucherzentrale in Dessau. „Diese Daten reichen für eine Bestellung aus.“ Sie rät, sich aus dem Telefonbuch austragen zu lassen und im Netz nicht zu viel preiszugeben.

Zahl der Fälle von Cyber-Kriminalität in Dessau-Roßlau gestiegen

Die Zahl der Fälle von Cyber-Kriminalität ist in Dessau-Roßlau gestiegen. Darunter fallen Delikte wie das Ausspähen von Daten, Warenkreditbetrug, Softwarepiraterie. 2015 wurden im Polizeirevier 101 Fälle registriert, ein Jahr später 143 und 2017 waren es 121. Der höchste Anteil lag bei Formen des Warenkreditbetruges und Betrug durch unerlaubt eingesetzte Bankkarten. Die Dunkelziffer dürfte höher liegen - auch, weil bei der Erfassung das Tatortprinzip greift. „Es werden nur Delikte erfasst, deren Tatort in Deutschland liegt. Werden sie von einem Rechner im Ausland begangen, sind sie nicht berücksichtigt“, so Reviersprecherin Nicole Kahn.

Die Anonymität des Internets macht es schwer, Betrüger zu fassen. Auch in Oxana Rodaus Fall gibt es noch keine Spur. Sie selbst hat wenig Handhabe, einfach Daten zu ändern. Die IBAN gehört zum Geschäftskonto, das auf jeder Ergotherapie-Rechnung angegeben ist. Ihr Name, eine Anschrift, das alles ist frei verfügbar. Die Mail-Adresse der Praxis wird leicht abgewandelt verwendet, um zu bestellen. Manchmal werde auch die Unterschrift gefälscht. „Und es ist oftmals egal, ob die Angaben tatsächlich stimmen. Es reicht, dass da etwas steht. Das verstehe ich nicht.“

Porno-Abo für 60 Euro, Katzenfutter für 120 Euro

Ihr bleibt im Moment nur eine Schadensbegrenzung. Kommen Waren wie Handys, Fernseher, Laptop, Auto-Ersatzteile in der Praxis an, werden sie zurück geschickt. Wurden Dienstleistungen wie Schulungen bestellt oder auch Zeitungs-Abonnements oder Gewinnspiele, meldet Rodau sie wieder ab. Auch die Bestellung von 1.500 Stiften und Taschentüchern konnte sie widerrufen. Als im April in ihrem Namen das Geschäftskonto gekündigt werden sollte, rief die Bankbearbeiterin erschrocken an. Rodau konnte den Antrag, der über eine Online-Plattform aktiviert wurde, abwenden. „Das war aber ein Schlag ins Gesicht. Weil es einfach sehr privat war. Ich bin seit Jahren bei dieser Bank“, sagt Rodau.

In zwei Fällen allerdings musste Rodau zahlen: Bei der Anmeldung für eine Pornoseite für 60 Euro und bei der Bestellung von Katzenfutter im Wert von 120 Euro. Das Futter wurde ausgeliefert - wohin, das weiß Rodau nicht. „Das Versandunternehmen wollte uns das nicht sagen - aus Datenschutzgründen. Das ist dann wirklich absurd.“

Einen konkreten Verdacht hat die Ergotherapeutin nicht. „Es muss jemand sein, der mich gut kennt. Sonst hätte er Daten wie meinen Geburtstag nicht. Und es ist jemand, der mir schaden will.“ Denn diverse Anrufe des Fremden bei Ämtern und Behörden haben Rodau Kontrollen in die Praxis gebracht. „Es war nie etwas zu beanstanden. Nichts von den Vorwürfen stimmte. Aber es belastet natürlich trotzdem. Man weiß nie, was noch alles passieren soll.“ Zuletzt wurden Gerüchte gestreut: Die Praxis von Oxana Rodau schließe. „Das stimmt natürlich nicht. Ich habe mir das alles seit zehn Jahren aufgebaut. Meine Angestellten, meine Familie - das sind Menschen, für die ich Verantwortung trage. Auch sie leiden unter der Situation.“

(mz)