Platz der Deutschen Einheit: Platz der Deutschen Einheit: Die Friedensglocke ist nach Dessau zurückgekehrt

Dessau - Freitagvormittag am Platz der Deutschen Einheit: Kräne stehen unmittelbar vor der Friedensglocke. Begleitet von Kamerateams hebt am Vormittag ein Autokran die rund fünf Tonnen schwere Glocke ins Gestell. Wenig später beäugt neugierig ein Passant die Situation und fragt. „Was macht ihr denn da. Gibt’s was Besonderes?“ Die Journalisten zeigen auf die Friedensglocke. Sie ist wieder da. „Ach, war sie weg?“, meint der Mann und geht seiner Wege.

Die Dessauer Friedensglocke hängt nach rund eineinhalb Jahren wieder am Haken im Glockenstuhl am Platz der Deutschen Einheit. Im April 2018 wurde sie abgehängt, weil sie im Sommer darauf über mehrere Wochen im nordrhein-westfälischen Münster Teil der Ausstellung „Frieden. Von der Antike bis heute “ war. Rund 300.000 Besucher bestaunten die Glocke. Denn es ist nicht alltäglich, dass aus dem Stahl von Waffen eine Frieden stiftende Glocke gegossen wird.

„Nach der Ausstellung in Münster sollte sie eigentlich wieder an ihren angestammten Platz“, erklärt Lothar Ehm vom Kuratorium Friedensglocke Dessau rückblickend. „Doch wir haben schon in Münster schadhafte, korrodierende Stellen am Geläut gefunden und uns deshalb dazu entschieden, sie sanieren zu lassen.“

Bei einer Spezialfirma in Köthen wurde die Glocke ausgebessert. Sie erhielt dort unter anderem einen schützenden Anstrich. Auch ist es bei den Sanierungsarbeiten gelungen, die Inschrift „Keine Gewalt - Ich läute für Frieden und Freiheit - ohne Freiheit kein Frieden - ohne Frieden keine Freiheit“ besser herauszuarbeiten. „Das alles war Arbeit weniger Tage“, schildert Ehm.

„Wir haben aber auch am Glockenstuhl schadhafte Stellen entdeckt.“ Die erforderlichen Arbeiten wurden von der Stadtverwaltung ausgeschrieben. Eine Lackierung war im Spätherbst und Winter allerdings nicht möglich. Es sei denn, die Firma wäre von ihrer Gewährleistung entbunden worden. „Niemand wollte dieses Risiko eingehen“, schildert Ehm.

Im Juni 2019 wurde der Glockenstuhl saniert. Damit war der Weg frei zum Aufhängen der Glocke. Am frühen Freitagmorgen bereiteten die Mitarbeiter der Kran- und Schwerlastlogistik Maxikraft die Arbeiten vor. Für Kranführer Hans Jürgen Hingst war der Auftrag „kein schwieriger“. Mit dem Kran kann er theoretisch 50 Tonnen Last anheben und damit das Zehnfache dessen, was die Glocke wiegt, an den rechten Platz befördern.

Um das Stadtpflaster nicht zu beschädigen, wurden Stahlplatten ausgelegt, auf denen das Kranfahrzeug schließlich stand und in wenigen Minuten die Friedensglocke an die rechte Stelle manövrierte. „Damit ist fast alles wieder in Ordnung“, spielt Ehm auf den reparaturbedürftigen Elektroanschluss an. Repariert werden soll dieser spätestens bis zum Tag der Deutschen Einheit sein, dann wird auf dem Platz geläutet und auch an die politische Wende erinnert. 30 Jahre ist sie her.

Die Dessauer Friedensglocke besteht aus Hunderten eingeschmolzenen Waffen - Sturm- und Maschinengewehren, Panzerbüchsen und Pistolen. Sie stammen aus den Beständen der Nationalen Volksarmee der ehemaligen DDR und wurden 1990 von einem Panzer überrollt und unschädlich gemacht. Dies geschah am 31. Januar 1990 nach zähen Verhandlungen mit der Modrow-Regierung.

In Dessau wurden an diesem Tag die Waffen von insgesamt elf Hundertschaften der Kampfgruppen durch Überrollen mit einem Panzer unbrauchbar gemacht. Diese Aktion sollte eine Initialzündung für die gesamte DDR sein. Es gab schließlich 210.000 Kämpfer in den Kampfgruppen. Leider blieb die Aktion einmalig.

Nicht allen ist die Friedensglocke egal. Mancher in Dessau hat gewartet, dass sie wieder heimkehrt. Unter denen, die am Freitag am Platz der Deutschen Einheit stehen und beobachten, wie der Autokran die Glocke in den Glockenstuhl jongliert, ist Peter Wendel. Er kritisiert, dass sie eineinhalb Jahre weg war. „Die haben damals aus Waffen eine Friedensglocke gegossen. Das ist einen Friedenspreis wert“, sagt der Dessauer und auch: „Das sollten sich alle die hinter die Ohren schreiben, die heute noch Waffen herstellen.“ (mz)